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Körperspannung und perfektes Bühnenbild: "Orpheus"

Foto: APA / HOLGER BADEKOW

Wien - Ursprünglich hatte Jürgen Flimm John Neumeiers Orpheus -Bearbeitung als Gastspiel zu den Salzburger Festspielen 2010 eingeladen. Neumeier, Intendant des Hamburg Ballett, choreografierte die Titelrolle auf den Leib des italienischen Tänzers und Models Roberto Bolle. Doch dann sagte Flimm überraschend ab, die Uraufführung fand stattdessen 2009 in Hamburg statt - ohne Bolle, der sich einer Rückenoperation unterziehen musste. Für ihn sprang Otto Bubenicek ein.

In Wien tanzt nun Alexandre Riabko, erster Solist des Hamburg Balletts, den Orpheus. Ein neoklassisches Ballettstück war der Ausgangspunkt für Neumeiers Adaption: Apollon Musagete von George Balanchine, später in Apollo umbenannt, gilt als erstes Stück einer Reformbewegung, die das akademische Ballettkorsett sprengte. Der 1942 in den USA geborene Starchoreograf fügte Strawinskis Musik Auszüge aus Heinrich Ignaz Bibers Rosenkranz-Sonaten und Peter Blegvad und Andy Partridges Orpheus the Lowdown hinzu. Neumeier begann seine Geschichte mit Orpheus, dem von seinen Eltern Apoll und Kalliope die Gabe der Musikalität geschenkt wurde.

Orpheus' Geige ist als Requisit geschickt in die Choreografie verwoben. Wenn sie tatsächlich zum Einsatz kommt, ist allerdings ein Profi am Werk: Daniel Garlitsky spielt sie dann virtuos.

Orpheus, bekleidet mit einer Jeansjacke, wird zu den Menschen geschickt. Schicksalsgemäß trifft er dort Euridyke, getanzt von Hélène Bouchett. Ihrer Geschichte widmet Neumeier nicht viel Aufmerksamkeit. Sie kommt rasch zu Tode, kein Schlangenbiss ist die Ursache, sondern ein Autounfall. Ein wirklicher Schrecken, perfekt stimmt Ferdinand Wögerbauer sein Bühnenbild auf Geschichte und Tanz ab. Neumeiers Bewegungssprache wird von Riabko mit entsprechender Körperspannung bravourös ungesetzt.

Der zweite Teil spielt im "Reich der Schatten". Die Story nimmt den bekannten Verlauf, Orpheus verliert Euridike ein zweites Mal, diesmal für immer.

Für seine Choreografie kombiniert Neumeier klassische Phrasen mit Contemporary-Dance-Passagen für das Corps de Ballett. Aus einem Guss: Lichtdesign und Kostüme, beides ebenfalls von ihm.

Dass der Funke nicht so recht überspringen will, liegt vielleicht daran, dass Riabko und Bouchet trotz ihres Könnens nicht wirklich miteinander harmonieren.

Man darf also gespannt sein auf Roberto Bolle, der "seinen" Orpheus im Oktober in Baden-Baden tanzen wird. (Barbara Freitag/ DER STANDARD, Printausgabe, 7./8.5.2011)