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Sophie-Christine Behnke (li.) und Elisa Plüss.

Foto: APA/Georg Hochmuth

Wien - Zehn Prozent aller Jugendlichen quälen Albträume vom Fallen ins Bodenlose, so der Berufsverband deutscher Neurologen. "Jeder Schacht hat einen Boden", erfährt man in Alice im Wunderland, der jüngsten Produktion der Jungen Burg, die am Donnerstag Premiere im Kasino hatte.

Beim dritten Klingeln eilen die Billeteure von der Bühne und bahnen sich den Weg durch eine Gruppe kurioser Gestalten. Da wären: ein hektisches Kaninchen, eine selbstverliebte Katze, ein schräger Hutmacher (fantasiereiche Kostüme von Elke Gattinger). Alice hat ihre verrückten Gefährten aus dem Wunderland von Anfang an um sich und schafft sich ein unangepasstes Traum-Alter-Ego und imaginäre Freunde in einer Parallelwelt. Denn der Zwölfjährigen ist schlecht vor Langeweile, sie hat von den Belehrungen ihrer großen Schwester - "Wenn du so viele Kekse isst, kannst du Size Zero vergessen" - die Nase voll. Im Traum entschließt sie sich, dem Kaninchen (immer in atemberaubender Bewegung: Marco Sykora) zu folgen, fällt in ein Erdloch - und kommt im Wunderland wieder zu sich. Hier ist das ohnehin mit ihrem Aussehen unzufriedene Mädchen plötzlich winzig klein und kurz darauf viel zu groß. Wunderbar gelingt dank toller Schattenspieltricks (Bühne: Raimund Orfeo Voigt, Licht: Helmut Preissler) der Größenswitch.

Die Probleme mit dem eigenen pubertierenden Körper und die Angst vor dem Erwachsenwerden sind im Musicallibretto von Roland Schimmelpfennig besonders herausgearbeitet. In der Inszenierung von Annette Raffalt wirkt die Kreuzdame (schön sarkastisch: Verena Altenberger) wie eine Heidi-Klum-Wunderland-Inkarnation, wenn sie dem Teenager Manieren beibringen will. Alice merkt, dass sie auch im Wunderland mit Vorschriften konfrontiert ist. Von der Herzkönigin (Sophie-Christine Behnke) wird sie wegen ihres Aussehens schikaniert. Neben Behnke, gesanglich ein Höhepunkt des Abends, berührt auch Alice-Darstellerin Elisa Plüss mit ihren Balladen. "Es ist mir egal, wie ich aussehe" erkennt sie schließlich und nimmt ihren Traum selbst in die Hand. (ewe, DER STANDARD, Printausgabe, 14./15.5.2011)