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Sie soll seine Gesundheit managen, wenn er es nicht selbst tut?

Foto: EPA/KAI FOERSTERLING

Pro Jahr sehen sich ca. 6.000 Männer in Österreich mit der Diagnose Prostatakrebs konfrontiert. Grund genug für eine Kampagne des "Berufsverbandes der Österreichischen Urologen" (wahrscheinlich sind Urologinnen auch gemeint), um für Vorsorge zu werben. Früherkennung ist bei Krebs, wie auch bei den verschiedensten anderen urologischen Erkrankungen, sehr wichtig, das leuchtet natürlich ein. Die dafür nötige regelmäßige Vorsorgeuntersuchung für Männer ab 40 wird allerdings noch immer viel zu wenig in Anspruch genommen, weshalb sich der Berufsverband vorgenommen hat, das zu ändern. Die Fakten sind klar, die Motivation für die Kampagne auch: Die zweithäufigste Krebstodesursache bei Männern muss verringert werden.

"Ich schau auf meinen Mann"

Über die Art und Weise, wie Männer von der Wichtigkeit einer regelmäßigen Vorsorgeuntersuchung überzeugt werden sollen, kann aber gestaunt werden. Denn die Männer selbst werden bei der Kampagne nur in zweiter Linie angesprochen. Aktion ist vielmehr von den Frauen gefragt, die im Titel der Kampagne gleich direkt angesprochen werden: "Frauen, die auf ihre Männer schauen" lautet dieser, die dazugehörige Homepage heißt ich-schau-auf-meinen-Mann.com. Frauen finden statistisch gesehen den Weg zur Vorsorge bei der/dem Gynäkologin/Gynäkologen schließlich regelmäßig, während Männer - nicht zuletzt durch Besuche beim Arzt oder bei der Ärztin - keine Schwäche zeigen wollen. Und weil das so ist, meint zumindest der Berufsverband, sind Frauen die, die Männer in Gesundheitsfragen "managen" müssen.

Gesunder Körper versus Rationalität

Die Kampagne baut also auf die Stabilität von geschlechtsspezifischen Zuschreibungen. Frauen kümmern sich um ihren Körper, hegen, pflegen und sorgen sich um ihn - tun sie das nicht, erinnert man sie gern an ihre reproduktiven Aufgaben, die sie mit ihrem Körper noch zu verrichten hätten - dafür muss derselbe schließlich was hermachen und gesund sein. Männern hingegen tut so schnell nichts weh, und wenn doch, ist es dann immer noch früh genug, um sich untersuchen zu lassen.

Der mächtige Zuordnung von Körper (Frau) und Geist (Mann) beschert Männern zwar noch immer in vielen Bereichen höher bewertete Attribute wie Rationalität oder eben Stärke. Dennoch scheint sich zunehmend herumzusprechen, dass Rollenstereotype auch Männern schaden können.
Deshalb ist eine gemeinsame Emanzipation von jeglichen Geschlechterklischees das, was wir brauchen. Eine solche ist für den Bereich Gesundheit ebenso überfällig, wie etwa auch für die Kindererziehung oder die Betreuungsarbeit.

Rollenzuschreibungen schaden

Der Berufsverband der Österreichischen Urologen hat zwar kapiert, dass Rollenzuschreibungen auch Männern schaden und sie einschränken, er macht diesen Hauch von einer Erkenntnis aber gleich mit der wenig glorreichen Idee zunichte, Rollenstereotypen mit Rollenstereotypen zu begegnen. Diese Schmalspurvariante eines gesellschaftlichen Fortschrittes haben wir in Österreich schon bei der Väterrechtsbewegung - bitte nicht auch noch in der Gesundheitspolitik. (Beate Hausbichler, dieStandard.at, 17.5.2011)