René Walter hat einen Highriser restauriert und die Arbeit im Internet dokumentiert.

Foto: highriser.at

Erste Fahrräder haben etwas von erster Liebe. Im Rückblick: das Herzausreißergefühl von Unwiederbringlichkeit. Die Erinnerung an Euphorie, Frühlingssonnenschmetterlinge und Schwere- wie Zeitlosigkeit. Darüber schwebt ein Bild. Von ihr. Respektive ihm: dem Rad, das alles änderte. Mit dem man die Welt eroberte. Das unverwundbar machte. Niemals würde es seinesgleichen finden. Wie auch? Gegen die Verklärung der Erinnerungen kommt nichts an: je weiter weg, je länger vergangen - umso strahlender, umso schöner.

Daran ändern Fakten nichts. Also auch nicht Michael Embachers Cyclopedia (Dumont 2011): Der Fahrradsammler präsentiert da 200 seiner Bikes. Historische Räder, Rennmaschinen, Klassiker, Skurrilitäten, Irrtümer - und "Es". Auf Seite 201. Der Text ist brutal: "Was bei diesem Fahrrad ... auf das spätere Leben vorbereitete, war das stattliche Gewicht von 19,5 Kilogramm. So viel Trainingseffekt gibt es im Erwachsenenalter auf keinem Rennrad."

Na und? Schließlich handelt es sich hier um das "Leopard Tipo Cross". Bekannter als "Highriser". Oder "Bonanzarad". Das passte, denn das Carnelli-Rad aus 1976 war Easy Rider - mit Pedalen: Hochgezogener Lenker, Federung vorne und hinten, Dreigang-Nabenschaltung, Bananensitz. Antenne, Fuchsschwanz. Ein (Buben-)Traum, der noch heute für glänzende Augen sorgt.

Und zwar unabhängig davon, wie hirnrissig dieses Rad war. Dass das im Buch nicht verschwiegen wird, spricht für das Fach- und Geschichtswissen der Autoren (Michael Embacher, Michael Zappe, Martin Stubreiter) und beweist die Kompetenz, mit der all die wundervollen und wunderlichen Räder beschrieben sind. Doch es belegt auch ein Manko: Niemand, der je auf dem Highriser saß, könnte je so herzlos über jenes Fahrrad schreiben, mit dem das Leben überhaupt erst begann. (Thomas Rottenberg/DER STANDARD/Automobil/20.05.2011)