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Ambrozy über Rot-Blau: "Pro futura ist nichts auszuschließen."

foto: apa/jaeger

STANDARD: Alfred Gusenbauer will die Pensionsreform mit der Hilfe Jörg Haiders kippen. Das sieht man in der SPÖ teilweise mit gemischten Gefühlen. Was halten sie davon?

Ambrozy: Selbstverständlich soll er das tun. Jedes Zweckbündnis ist recht, um diese Grauslichkeiten zulasten der Menschen zu Fall zu bringen. Die FPÖ und besonders Jörg Haider hat sich in der Pensionsfrage weitestgehend der SPÖ angenähert. Da ist es natürlich nahe liegend, dass man sich zu einem Zweckbündnis findet, um das Schlimmste zu verhindern.

STANDARD: Ist für Sie auch darüber hinaus eine Öffnung gegenüber der FPÖ vorstellbar?

Ambrozy: Ich habe immer die Meinung vertreten, dass es ein absolutes Nein zu Gesprächen nie geben darf. Das gehört einfach zur Demokratie, dass alle, die demokratisch gewählt sind, auch als politischer Faktor anzuerkennen sind. Ob es dann eine Zusammenarbeit gibt, hängt davon ab, ob man in grundsätzlichen Positionen übereinstimmt oder nicht.

STANDARD: Sehen Sie jetzt das Ende der langjährigen Ausgrenzungsstrategie gegenüber der FPÖ und vor allem gegenüber Jörg Haider gekommen?

Ambrozy: Es gab ja keine Ausgrenzung, nur ein selbst gewähltes Ausschließen einer möglichen Zusammenarbeit. Es ist ja auch aus strategischen Überlegungen wichtig, dass diese dogmatische Grenze jetzt überschritten wurde. Denn in Wahrheit steht die SP ja ziemlich optionslos da. Manches ist aber auch nur eine Frage des richtigen Zeitpunktes.

STANDARD: Und der wäre jetzt gekommen?

Ambrozy: Der Diskussionsprozess ist eingeleitet. Mit der VP geht es ja wohl nicht mehr.

STANDARD: Gibt es auch außerhalb der Pensionsreform Berührungsebenen mit Jörg Haider und "seiner" FPÖ?

Ambrozy: In der Sozialpolitik gibt es sicher Berührungsebenen. Aber die FPÖ hat bei diesem Thema immer versucht, sich mit reinem Sozialpopulismus zu profilieren. Da muss man erst sehen, ob sie auch bereit wäre, dies auch in konkrete Politik umzusetzen. Man darf aber nicht vergessen, dass es auch gravierende Unterschiede gibt. Etwa in der Familien- oder Frauenpolitik, wo die FPÖ ein absolut traditionelles Familienbild vertritt.

STANDARD: Wäre für Sie auch eine rot-blaue Koalition auf Bundesebene denkbar?

Ambrozy: Pro futura ist nichts auszuschließen. Wobei es darauf ankommt, ob es mit der SPÖ überhaupt Übereinstimmung in grundsätzlichen Positionen gibt. Etwa beim Demokratieverständnis, in Fragen der Toleranz und Humanität, aber auch in Fragen der europäischen Integration. Ein Jörg Haider, der außenpolitisch mit einem Regime wie jenem Saddams kokettiert, wäre ein Ausschließungsgrund.

STANDARD: Und ein Kanzler Alfred Gusenbauer mithilfe Jörg Haiders und der FPÖ?

Ambrozy: Das wäre aus meiner Sicht vorstellbar.

STANDARD: Auch aus Sicht der Kärntner SPÖ?

Ambrozy: Zunächst ist das ungeschützt meine persönliche Sichtweise. Es gibt aber in der Kärntner SPÖ viele, die der Meinung sind, dass es keine dogmatischen Festschreibungen geben soll. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 20.5.2003)