Michael Meyer ist Professor für Nonprofit-Management an der Wirtschaftsuniversität Wien. Kontakt: michael.meyer@wu.ac.at

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"The sun shone, having no alternative, on the nothing new." So beginnt Samuel Beckett seinen Roman "Murphy". So beginnt man zu sinnieren, wenn man über Karriere, Gender, Familien- und Privatleben forscht. Für die WU-AbsolventInnen aus den 1990ern zeigte sich deutlich: Männer verdienen mehr als Frauen, was in unserer Analyse durch keinen anderen Faktor als durch das Geschlecht erklärbar ist. In ihren ersten zehn Karrierejahren beziehen sie gut ein Jahresgehalt mehr als Frauen. Sie sind hierarchisch mächtiger. Für Männer und Frauen gilt: Wer Karriere machen will, muss überdurchschnittlich viel Zeit in die Arbeit investieren und den Job zum Lebensmittelpunkt machen. Sechzig Stunden und mehr pro Woche muss arbeiten, wer bei Einkommen und Status zum obersten Viertel seiner Kohorte zählen will. Für Männer und Frauen wird damit Karriereerfolg mit Familie und Privatleben schwer vereinbar. So viel zu den 1990ern.

Dann kam das neue Jahrtausend. Mit ihm eine engagierte Diskussion über Work-Life-Balance und geschlechter- und familiengerechte Karrieremodelle. Gender und Work-Life-Balance als dominierendes Thema auf Karriereseiten aller Zeitungen. Bewirkt hat das genau gar nichts.

Es ist sogar noch schlimmer geworden. Gender hat auf den objektiven Karriereerfolg (Einkommen, Hierarchie) bei der aktuellen Kohorte, die um das Jahr 2000 ihr Studium absolviert hat und deren erste zehn Karrierejahre wir jetzt analysieren, noch mehr Einfluss als in den 1990ern.

Der Erfolg hängt noch stärker vom zeitlichen Arbeitseinsatz ab als vor zehn Jahren. Gerade für Frauen ist es noch schwieriger geworden, an die Spitze zu kommen: Sie müssen noch mehr arbeiten als ihre männlichen Kollegen, und Kinder sind eine heftige Karrierebremse. Die ideale Karrierefrau ist Single, hat keine Kinder und keine Karriereunterbrechungen. Männer werden im Unterschied zu Frauen deutlich zufriedener, wenn sie sehr viel arbeiten, den Job in den Mittelpunkt stellen und gutes Geld verdienen. Außerdem korreliert bei Männern eine stabile private Beziehung durchaus positiv mit der Zufriedenheit und Erfolg, und Kinder sind nicht hinderlich. Die Karrierezufriedenheit von Frauen hingegen ist ganz wesentlich davon abhängig, ob frau hierarchisch aufsteigt und von anderen für erfolgreich gehalten wird.

Nichts hat sich geändert an den traditionellen Rollenmodellen: Frauen, die Karriere machen wollen, sollen doch einsam und kinderlos bleiben. Männer, die Karriere machen wollen, sehen ihre Kinder nur am Sonntag - ist aber nicht so schlimm, der Job ist ohnehin das Geilste im Leben.

So feiern die Klischees fröhliche Urständ, während Politikerinnen sich über die ideologisch passenden Maßnahmen der Kinderbetreuung streiten. Wirksamere Mittel wie verpflichtende Väterkarenz oder Frauenquoten sind tabu. Dann halten wir uns doch besser an die inoffizielle österreichische Bundeshymne: Glücklich ist, wer vergisst, was doch nicht zu ändern ist. (Michael Meyer, DER STANDARD, Printausgabe 25./26.6.2011)