Wien - Schüler, die ohne Bezahlung erste Berufserfahrung sammeln wollen, junge Akademiker, die monatelang gratis arbeiten, in der Hoffnung, irgendwann in einen unbefristeten Job "hineinzurutschen" : Was in der Privatwirtschaft gang und gäbe ist, war auch im öffentlichen Dienst bisher durchaus üblich. Mittels einer Serie von parlamentarischen Anfragen hat die SPÖ in den letzten Monaten erhoben, wie viele unbezahlte Praktika die Ministerien im letzten Jahr vergeben haben.

Spitzenreiter in dieser Kategorie ist das Außenministerium: 306 unentgeltliche Kurzzeit-Jobs vergab das Ressort von Michael Spindelegger (ÖVP) 2010 in den österreichischen Vertretungen im Ausland, jeweils elf in der Zentrale der Austrian Development Agency (ADA) sowie in deren Auslandsbüros. 14 junge Menschen arbeiteten im vergangenen Jahr ohne Bezahlung im Wirtschafts- und Familienministerium, zwölf im Innenministerium.

Damit soll nun Schluss sein, sagte Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ), Ministerin für Frauen und den öffentlichen Dienst, am Freitag dem Standard: Sie will dem Koalitionspartner eine Dienstrechtsnovelle vorschlagen, mit der unentgeltliche Praktika im Bundesdienst gänzlich abgeschafft werden sollen.

Mindestens 900 Euro

Wer bis zu einem Vierteljahr in einem Ministerium arbeitet, soll mit 900 Euro pro Monat entlohnt werden, für längere Praktika soll es künftig 1300 Euro geben. Eine Unterscheidung nach Ausbildung will Heinisch-Hosek bei dem neuen Praktikanten-Gehaltsschema nicht vornehmen. 1,5 Millionen Euro, hat man im Ministerium errechnet, soll sich die Bundesregierung diese Maßnahme kosten lassen.

Dringenden Handlungsbedarf sieht die Ministerin auch bei den sogenannten Verwaltungspraktika im Bundesdienst, die bis zu zwölf Monate dauern können. Derzeit werden dafür je nachAusbildung der Praktikanten 700 bis 1100 Euro pro Monat bezahlt. Mit Stand Ende Dezember 2010 gab es 210 solcher Verwaltungspraktikanten, in den Sommermonaten Juli und August ist deren Zahl freilich deutlich höher. Heinisch-Hosek will auch für diese Jobs Mindeststandards bei der Bezahlung einführen.

Unbezahlte Arbeit in Ministerien hätten sich junge Leute "einfach nicht verdient", meint Heinisch-Hosek, sie würden in den Ministerien schließlich "wichtige Tätigkeiten ausüben und hundertprozentige Leistung erbringen" . Ihren Vorstoß sieht die Ministerin auch als "Appell an Unternehmen" , Praktikanten besser - oder überhaupt - zu entlohnen.(Andrea Heigl, DER STANDARD; Printausgabe, 2./3.7.2011)