Drama - Liebe, Begehren, Eifersucht, Neid, Hass, Schmerz, Reue, stechende Blicke, klare Gesten, Schicksal - und Heldentum: ergo Rettung plus Glück auf Erden. Das ist Bollywood, und darin schwelgt auch die Tanzcompany von Terence Lewis bei "Jhoom" im MQ-Hof.

Foto: TerenceLewisContemporaryDanceCompany

Und Terence Lewis ist der Zeremonienmeister. 

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Tanz ist auf jeden Fall auch Pop, das muss hier einmal wieder ganz deutlich gesagt werden: Wer von den bunten Vögeln der Popindustrie wagt es noch, die Bühnenmaschinerie ohne ordentliches Tanzprogramm anzufliegen? Michael Jackson hat es getan, Madonna tut es und Lady Gaga natürlich auch.

Den Sprung vom Videoclip in den Film vollführt der Tanz heute allerdings am konsequentesten in Streifen made by Bollywood. Das ist knallharter Kommerz, der virtuos auf dem Emotionsklavier spielt: In Indien ein Muss, und auch in Europa findet man es neckisch, selbst im avancierteren Kunstbereich, weil das Genre durchaus seinen Platz im transkulturellen Diskurs hält.

Terence Lewis weiß das alles, und er steht auch dazu. Zu Impulstanz hat der ehemalige (2003) Teilnehmer am DanceWeb-Stipendiatenprogramm des Festivals ein besonderes Verhältnis. Heute ist der Choreograf eine richtige Kanone im indischen Showbiz, und er freut sich, mit dem Kitsch seines schillernden Freiluftspektakels Jhoom im Museumsquartier ein wenig zu provozieren.

Lewis und seine Truppe schälen den Bollywoodtanz aus seinem Film-Rahmenwerk und schicken ihn als Live-Act auf die Bühne - im Festival als Teil eines diesmal außerordentlich kräftigen Beginns. Zusammen mit La La La Human Steps und gefolgt von Jan Fabre, trifft die Bollywood-Ästhetik auf die von Stars der Tanzszene inszenierten Showdowns der griechischen Tragödie (Orpheus/Eurydike, Dido/Äneas und Prometheus) im opulenten Stil der westlichen 80er-Jahre.

Das ergibt zusammen eine zeitgenössische und aufreizend ambivalente Ausdeutung des "west-östlichen Diwans" im Tanz. (Helmut Ploebst, DER STANDARD/SPEZIAL - Printausgabe, 13. Juli 2011)