Standesgemäße Anreise auf dem Wasserweg: Villa Verdin

Foto: Harald Fidler

Auch in der Gegenrichtung sehr super: Terrassenblick

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Kräftig, wie versprochen: die Frittatensuppe

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Das muss die Parmigiana gewesen sein. Die Tagliata war der Lifestyle-Redaktion zu abendlich-finster und unkenntlich, um sie zu bringen - Fidler und die Food-Fotografie...

Foto: Harald Fidler

Kann ein Lokal zu lässig sein? Nein, werden Sie sagen, solange es nicht nachlässig wird. Vielleicht werde ich langsam wirklich alt, weil mich betont lässige Lokale zu nerven beginnen. Wie Tim Mälzers Bullerei in Hamburg zum Beispiel. Oder wie die Villa Verdin am Millstätter See. Wobei: Ich soll nie in meinem Leben lässiger genervt sein als auf dieser herrlichen Terrasse.

Bühne, Agentur und Media

Hier ist es einfach so lässig surfermäßig, da empfängt einer der Wirtsleute mit dem Prosecco in der Hand und oben ohne, an der Geburtstags- oder sonstigen Festtafel, ich vermute, einer Medien- und Bühnenposse. Da grüßt der Werbeagenturchef (oben und unten mit) vom Nachbartisch. Drinnen betont wahllos zusammengestellte Sofas, Tische, Sessel. Drauß ein wunderbar wenig gepflegt mit, ja, ich gebe es zu, prächtigem Gastgarten und noch prächtigerem Seeblick.

Die Weinkarte hat offenkundig Unger & Klein zusammengestellt, und das ist schon einmal alles andere als falsch. Bepreist mit für Ostösis eher ungewohnter Bescheidenheit. Auch diese Lässigkeit störte mich definitiv nicht, wiewohl zur Tour an den See ohnehin die örtlichen Tourismusgesellschaft eingeladen hatte. Die beinharte Recherche auch bei anderen Wirten in der Gegend ergab freilich, dass man hier offenbar generell weinpreismäßig ein gutes Stück freundlicher kalkuliert als in Wien und Umgebung.

Das mag vielleicht auch an der Nähe zu Italien liegen, wo Winzer und Wirte überhaupt anders miteinander auskommen. Diese Nähe macht den Millstättern übrigens zu schaffen, erfahren wir von Maria Theresia Wilhelm, der Chefin der Millstätter See Tourismus GmbH. Deutsche Touristen, vor dem einen oder anderen Jahrzehnt noch glücklich am See, fahren inzwischen gern die paar Minuten weiter nach Italien.

Zweisprachige Speisekarten

A propos: Nun scheint mir die weltoffen-lässig Villa Verdin der unpassendste Platz zu sein, um mich kurz nach der jahrzehntelang ausständigen Ortstafelmontage über das unverständliche Problem der Kärntner mit der Zweisprachigkeit zu alterieren. Trotzdem frag ich mich, warum unsere südlichsten Landsleute eigentlich so um ihr angebliches Deutschtum besorgt sind (wobei ihre Sprache nicht immer gleich als solches zu erkennen ist, aber das Problem teilen sie ja mit Schmeck's) - und gleichzeitig ihre Speisekarten und Lokale mit besonderer Vorliebe italienisch ausrichten. Dann kann man sich, jedenfalls kulinarisch, nicht wundern, dass die Gäste lieber gleich in Italien essen, oder?

Lässigkeit ist natürlich auch multikulturell, also passt das Italienische hier in der Verdin vielleicht ein bisschen besser als anderswo bei Kärntner Wirten. Die Tagliata di Manzo mit Süßkartoffeln und Black Pepper zum Beispiel, für 18,50 Euro.

Ernste Nuggets

Ich wollte ja die Kärntner Erdäpfelnudeln, aber die waren schon aus. Ein Zeichen für den Wunsch nach regionaler Küche? Oder doch nur eins für beim Einkaufen verschätzt? Chicken-Sesam-Nuggets gab es hier auch, die machen aber vermutlich vor allem den Agenturmanagertöchtern und Magazinmachersöhnen Freude. Mich haben sie nicht angelacht.

Ich nahm also doch die Tagliata und davor die "kühne, kräftige" Rindsuppe mit Frittaten, weit weniger kühn als der Knofeleinsatz danach, aber in der Tat erfreulich kräftig. Ein überraschend (in Fidlers Dimensionen, muss man sagen) handliches Stück vom Rind kommt dann, zudem eben überraschend knofelig, aber durchaus okay, soferne Lebensabschnittspartner entweder Sinn für Stinklauch oder gerade eher keinen Sinn für Nähe haben.

Goldbrasse und Thun am Millstätter See

"Kleine Melanzane & Parmigiana" soll auch ganz gut gewesen sein, und schon wieder italienisch. Ebenso die Kürbis-Mangold-Ricotta-Torte.

Frau Wilhelm erzählte gerade, welche Fische man so aus dem Millstätter See holt, an dem wir gerade tafeln, Renken nämlich vor allem. Probieren konnten wir sie hier nicht: Auf der Millstätterseeterrasse serviert man Thunfischtatar "a la Verdin" und gegrillte Orata mit Braterdäpfeln oder Salat, beide vermutlich eher nicht aus Kärntner Gewässern.

Der Abend war in der Villa Verdin übrigens sehr angenehm, und das Essen gut. Ja, auch eingeladen kann man total kritisch sein.