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Seit Juni liegen die Empfehlungen der Vorbereitungsgruppe für die "PädagogInnenbildung neu" vor. "Die Zukunft der pädagogischen Berufe" wird von Unterrichts- und Wissenschaftsministerium gemeinsam neu geschrieben.

Foto: AP/Kammerer

Wien - Finnin müsste man sein: Als Schülerin die besten Chancen, bei der Pisa-Studie immer bei den Siegern zu sein. Und als Lehrerin auch. Denn die Pisa-Erfolge Finnlands sind natürlich auch pädagogische Erfolge. Die Pädagoginnen und Pädagogen sind - neben der hochindividualisierten, gemeinsamen und sehr autonom agierenden Schule - einer der unumstrittenen Erfolgsfaktoren dafür, dass Schule in Finnland gelingt.

Daher geht der Blick der Experten auch bei der in Österreich anstehenden Neugestaltung der Pädagogenbildung wieder nach Finnland. Was die Pädagogenausbildung (selbstverständlich beginnend bei der Elementarpädagogik im vorschulischen Bereich) anlangt, zeigt sich aber generell, dass in der großen Mehrheit der europäischen Länder schon jetzt ein Universitätsstudium die Norm ist.

Österreich tut sich da insofern schwer, als es nicht nur die Kindergartenpädagoginnen, die ihre Ausbildung derzeit in den Bundesbildungsanstalten für Kindergartenpädagogik (Bakip) absolvieren und mit 19 mit der Matura abschließen, integrieren muss. Die historische - die gemeinsame Schule abwehrende - zweigleisige Ausbildung der Pflichtschullehrer an Pädagogischen Hochschulen und der AHS- und (meisten) BMHS-Lehrer an Universitäten stellt die neue Lehrerbildung vor schwierige organisatorische Fragen.

Politisch brisante Fragen, die im Bericht der ministeriellen Arbeitsgruppe mit Empfehlungen für die "PädagogInnenbildung neu" , den das Unterrichts- und Wissenschaftsministerium in Auftrag gegeben haben, daher auch noch nicht abschließend beantwortet werden.

Die Trägerfrage - Unis oder Pädagogische Hochschulen, die zu Unis aufgebaut werden - steht für die Arge Bildung und Ausbildung der Österreichischen Forschungsgemeinschaft (www.oefg.at) nicht im Vordergrund. Ausgehend von deren Positionspapier zur "Professionalisierung der/durch Lehrer/innenbildung" , das unter der Leitung von Bildungspsychologin Christiane Spiel (Uni Wien) im Juni beschlossen wurde, lässt sich aber eine Präferenz für eine Konzentration der Lehrerbildung an den Universitäten ablesen.

Die Physik der Pädagogik

Und das, obwohl "man zugeben muss, dass sich die Unis bisher kaum um die pädagogische Praxis gekümmert haben" , sagt Spiel, aber: "Die Pädagogischen Hochschulen haben bisher eindeutig nicht die wissenschaftliche Expertise in dieser Hinsicht. Wir brauchen aber dringend wissenschaftsbasierte Kompetenzen in pädagogischen Fragen, nicht nur im fachwissenschaftlichen Bereich."

Was heißt das? So selbstverständlich wie ein Physiklehrer wisse, wie ein Physikexperiment ablaufe, so selbstverständlich müssten Lehrer das in Zukunft "auch im pädagogischen Bereich" können. Das sind zum Beispiel diagnostische Kompetenzen, mit denen Lehrer erkennen, dass ein Kind sich nicht anstrenge, weil es gar kein Selbstvertrauen habe, erklärt die Bildungsforscherin.

"Das ist der Erfolg der Finnen" , sagt Spiel. Jeder Lehrer müsse dort ein Masterstudium absolvieren: "Es muss forschungsbasiert sein." Den Vorschlag der ministeriellen Arbeitsgruppe, nach einem vierjährigen Bachelor einen einjährigen Master nebenberuflich dranzuhängen, beurteilt sie skeptisch: "Ich habe Probleme, mir vorzustellen, was man in einem einjährigen Master machen kann, wenn man daneben den ‚Turnus‘ in der Schule machen muss. Der Anspruch an ein Master-Studium an Unis ist ein anderer."

Noch wichtiger als das Ende des Studiums ist der Anfang. Spiel: "Wir müssen den Lehrerberuf gesellschaftlich so aufwerten, dass klar ist: Wir brauchen die Besten." Dann werden auch die Besten kommen, wenn es attraktiv ist.

Spiel geht so weit, die geplanten Auswahlverfahren als Möglichkeit für "hohe positive Selektion" zu interpretieren: "Auswahlverfahren schrecken nur einen bestimmten Teil von Personen ab. Sehr Motivierte, die das unbedingt wollen, zieht man eher an." Bestes Beispiel sei Medizin: Der Andrang wird stetig größer. Das kennen die Finnen: Dort ist Lehrersein so begehrt, dass 90 Prozent der Studienplatzbewerber abgewiesen werden müssen. (Lisa Nimmervoll, DER STANDARD, Printausgabe, 2.8.2011)