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Zechner: Gutes Programm ist eines, "das gesehen und geschätzt wird"

Foto: APA/Jaeger

STANDARD: Frau Zechner, Sie sind auch zuständig für die TV-Information. Was tun Sie, wenn Sie beobachten, wie schon geschehen, dass zum Beispiel Kanzler Werner Faymann (SP) eine Woche praktisch in jeder "ZiB" praktisch ohne Neuigkeitswert sein Mantra gegen Atomkraftwerke im O-Ton verbreiten kann - oder auch irgendein anderer Parteichef?

Zechner: Ich kenne Chefredakteur Fritz Dittlbacher als hervorragenden Journalisten. Wenn es eine newslose Strecke geben würde, was ich nicht annehme, würde ich ihn einfach fragen, ihm meine Meinung dazu sagen, vielleicht auch ein Thema anregen, das mir aufgefallen ist. So wird der professionelle Diskurs laufen.

STANDARD: Haben Sie eigentlich ein Weisungsrecht gegenüber dem Chefredakteur?

Zechner: Die sind unabhängig. Testen Sie mich nicht, ob ich das Redakteursstatut kenne. Ich weiß, dass in der Fernsehinformation intelligente, couragierte Leute arbeiten, die oft einen falschen Stempel bekommen, den sie gar nicht verdient haben. Ich kenne das Redakteursstatut so gut wie Sie. Und insofern ist das ein professioneller Austausch mit dem Ziel: Was ist das beste für das Programm, der beste Newswert, sind wir die Schnellsten.

STANDARD: ... und die Unabhängigsten?

Zechner: Und die Unabhängigsten, natürlich.

STANDARD: Wir haben Sie einmal in SPÖ-Nähe gerückt ...

Zechner: ... ich frage mich, warum.

STANDARD: Wie definieren Sie sich politisch? Parteimitglied?

Zechner: Nein, nachprüfbar nicht. Ich bin ein sehr politischer Mensch. Aber es gibt keine Nähe, keine Verpflichtungen im parteipolitischen Sinn. Das ist mir wichtig, wie ich in den ersten Gesprächen mit Alexander Wrabetz festgestellt habe. Ich bin wirklich stolz, dass eine Frau in diesem Land solche Jobs machen kann.

STANDARD: Was erwartet Wrabetz von Ihnen?

Zechner: Gutes Programm.

STANDARD: Gutes Programm ist?

Zechner: Programm, das gesehen und geschätzt wird. Das dem Publikum das Gefühl gibt: Hey, das ist mein Sender. Vielseitiges Programm in allen Facetten. Kaum ein öffentlich-rechtlicher Sender hat ein derartiges Angebot mit dem Ziel, Jüngere und Ältere ins Boot zu holen.

STANDARD: Seit Ihrer ersten Amtszeit gehen die Quoten stetig, manchmal steil, bergab. Soll das so weiter gehen?

Zechner: Nein. Ich sehe das ambitioniert und sportlich. Ich will mit meinen Leuten analysieren, evaluieren, optimieren - Fernsehen ist Knochenarbeit. Das ist die Herausforderung. Im Übrigen ist der ORF nach wie vor eine der der erfolgreichsten öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in Europa.

STANDARD: Sie wollen die Quoten ...

Zechner: ... zumindest stabilisieren und, wenn wir es schaffen, optimieren.

STANDARD: Im Gespräch waren Channel Manager für ORF 1 und ORF 2. Kommen die und was sollen sie können?

Zechner: Ich bin heute gewählt, werde meinen Job übergeben und auch strukturell und personell evaluieren. Ich verschließe mich nicht dem per se. Aber ich habe mir ausbedungen, dass ich mir das selbst anschauen kann. Dann wird es meine Meinung dazu geben. Wenn es sinnvoll ist, dann wird es sie geben, wenn nicht, dann nein.

STANDARD: Begeistert klingen Sie nicht von der Idee.

Zechner: Leidenschaft und Emotion ist da fehl am Platz. Was sich als die besten Struktur herausstellt - gern. Ich bin kein Aktionist, ich überlege mir etwas.

STANDARD: Zurück noch einmal zur Information: Was sagen Sie einem Parteimanager, der sich bei Ihnen beschwert, dass seine tolle Pressekonferenz nicht in die "ZiB" kam?

Zechner: Der wird die richtige Stelle anrufen - den Herrn Dittlbacher und sein Team. Wenn er mich anruft: Anregungen, ob aus der Politik, der Wirtschaft, vom Publikum, anhören, beurteilen. Es kann auch einmal ein Fehler passieren. Wenn es kein Fehler war, wird man das genauso kommunizieren. Meine Entscheidung ist dann meine Entscheidung und nicht eine Botschaft von außen. (Harald Fidler/DER STANDARD, Printausgabe, 16.9.2011)