Die Seestadt Aspern nimmt Formen an, aber nicht so rasch, wie einige das gerne hätten. "Manche waren sehr optimistisch", sagt Herbert Ludl, Vorstand der Sozialbau AG, im Gespräch mit derStandard.at. "Mit Glück" könnten die ersten Bewohner der Asperner Genossenschaftsbauten Ende 2014 ihre neuen Wohnungen beziehen, "mit Pech aber auch erst 2015."

Die 2000 Wohnungen, die die Sozialbau in Aspern bauen will, seien de facto auf Schienen, aber es hapere noch bei den Widmungen und den Grundstücks- bzw. Baurechtsübertragungen. "Geklärt ist, wie das ablaufen soll, aber erledigt ist es noch nicht", sagt Ludl etwas ernüchtert, räumt aber auch ein: "Das sind amtswegige Verfahren, so etwas braucht eben seine Zeit."

Als Herausforderung "eine ganz eigene Liga"

Die ersten Liegenschaften der MA 69 könnten bis Ende dieses Jahres ihre Besitzer wechseln, danach müsse man ein ganzes Jahr für die Erlangung der Baureife, also sämtliche Planungsarbeiten, einrechnen. Dann benötige man noch ein bis zwei Jahre für die eigentlichen Bautätigkeiten, wobei es auch innerhalb der einzelnen Projekte noch "mit Sicherheit" zu Verschiebungen von bis zu einem Jahr kommen werde.

Grundsätzlich zweifelt Ludl nicht am Willen aller Beteiligten, hier an einem Strang zu ziehen. "Die Seestadt Aspern spielt eben als Herausforderung in einer ganz eigenen Liga. Die große Frage ist, ob es gelingt, aus dem Nichts eine lebenswerte Satellitenstadt zu bauen." Die Voraussetzungen dafür seien jedenfalls nicht die schlechtesten, so der Sozialbau-Chef.

Projektleiterin nahm Arbeit auf

Damit das Vorhaben auch tatsächlich gelingt, hat die Stadt Wien vor kurzem eine eigene Projektleiterin für die Seestadt abgestellt. Ihr Name ist Christine Spieß, sie hat ein Büro mit derzeit fünf Mitarbeitern in der Neutorgasse im 1. Bezirk. Bis Ende August war Spieß Dienststellenleiterin für die Wiener Kindergärten in der Magistratsabteilung 10. In drei Jahren will sie ihr Büro in der Seestadt beziehen, sagt sie im Gespräch mit derStandard.at.

Ihren neuen Job sieht sie vor allem als "koordinierende, steuernde Funktion" an, fügt aber gleich hinzu: "Mit Weisungsbefugnis." Am Werden der Seestadt seien zahlreiche "große Player" beteiligt, namentlich zählt sie den Wohnfonds Wien, die Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) und die Entwicklungsgesellschaft Aspern 3420 auf, dazu kämen außerdem "viele, viele Magistratsabteilungen". Die Stadt habe sich überlegt, dass sie hier jemanden brauche, der bzw. die "die Fäden in der Hand hat. Ich bin in alle Prozesse eingebunden."

"Jetzt geht's los"

Derzeit sei sie noch dabei, Informationen zu sammeln, ein Monitoring aufzubauen. Gleichzeitig ist sich Spieß bewusst, "dass es jetzt losgeht". Die Bauträger-Wettbewerbe für die 1. Etappe im Süden des ehemaligen Flugfelds sollen in Kürze starten, Spieß ist zuversichtlich, dass die ersten Bewohner schon 2014 in der Seestadt einziehen werden.

Mit großangelegten Stadtentwicklungskonzepten der Vergangenheit hat sie sich auseinandergesetzt, erklärt sie, "und ich weiß deshalb, was in Aspern alles nicht sein wird": Kein großes Einkaufszentrum etwa, sondern ein Geschäftsboulevard mit kleineren Geschäften, "wo man gerne hingeht". Die Entwickler wollen bekanntlich "lebendige" Erdgeschoßzonen schaffen, es soll unter allen Umständen vermieden werden, dass aus der See- eine reine Schlafstadt wird.

"Eine Wiese, wo man reinhüpfen kann"

Aber wird aus der See- auch eine "Bewegungsstadt", wie dies Klaus Vavrik, Vizepräsident der Österreichischen Liga für Kinder- und Jugendgesundheit, kürzlich in einem Blog-Beitrag einforderte? Er hält einen "gesundheitsfördernden Lebensraum", mit "vielerlei verschiedenen Bewegungsmöglichkeiten wie Grünräume, Kindergärten, ein Schwimmbad, Sportplätze etc.", für absolut notwendig, denn "Kinder und Jugendliche brauchen Anerkennung und müssen ihrem Bewegungsdrang Luft machen können". Wird man im namensgebenden See des neuen Stadterweiterungsgebiets also künftig schwimmen können, oder nicht? "Ja", bestätigt Projektleiterin Spieß, "es ist geplant, dass es eine Wiese am See geben wird, wo man reinhüpfen kann".

Sie will sich außerdem darum kümmern, dass es schon einen Kindergarten in der Seestadt gibt, wenn die ersten Familien - die Projekte der fünf anerkannten Baugruppen dürften (wie berichtet) die ersten sein - ihre Häuser in der Seestadt beziehen. Der "Bildungscampus", der schräg vis-a-vis des Baugruppen-Baufelds D13 entstehen soll, wird nämlich frühestens 2015 fertig sein.

Die geebneten Wege zum Magistrat

Sozialbau-Chef Ludl bezeichnet es als positiv, dass mit Spieß nun eine "magistratsinterne Ansprechpartnerin" vorhanden ist. "Jeder, der die Wege zum Magistrat ebnet, ist für uns von Vorteil." Er sieht darin in erster Linie den Willen der Stadt ausgedrückt, sämtliche Vorgänge aus einer Hand zu organisieren. Denn, so sein Nachsatz: "Nur Wohnungen errichten kann ich ja selber auch." (Martin Putschögl, derStandard.at)