Wien - Aufstehen, anziehen und in die Turnhalle - erstes Training. Umziehen, schnell zur Uni. Zwischendurch was Essen, zurück zur Halle - zweites Training. Für Marco Baldauf ein ganz normaler Tag. 31 Staatsmeistertitel, zehn Europameisterschafts- und Weltmeisterschaftsteilnahmen sowie mehrere Top-Platzierungen im Weltcup machen ihn zu einem der besten Kunstturner Österreichs.

Baldauf ist aber auch Student, und das seit 16 Semestern. Finanziell möglich ist die Kombination von Training und Ausbildung für ihn durch das Heeressportprogramm. Es gelten harte Regeln: Die Trainingszeiten werden genau überprüft, Sportler, die studieren möchten, dürfen höchstens zwei Wochenstunden an der Uni absolvieren. So werden Spitzensportler zu Langzeitstudierenden. "Sport hat in Österreich einfach keinen Stellenwert", resümiert der 30-jährige Vorarlberger.

Einige Sportler ziehen deshalb die Notbremse und nutzen Angebote im Ausland. Lieblingsdestination ist Nordamerika. Durch den Sport ist eine Ausbildung an den weltweit besten - und teuersten - Universitäten möglich. Fehlender Stellenwert ist kein Thema: Mindestens genauso bekannt wie die Nobelpreisträger von Elite-Unis wie Harvard sind ihre Sportmannschaften - Zehntausende feuern die Athleten in den Stadien an.

Simon Stützel hat seine positiven Erfahrungen in den USA zum Beruf gemacht. Fasziniert von den sportlichen und universitären Bedingungen, beschloss er, anderen Athleten beim Sprung über den Teich zu helfen. Zusammen mit Peter Krah gründete er "Scholarbook".

Biete Fußball - suche Uni

Das Team unterstützt Sportler bei der Suche nach einem Stipendium und übernimmt dabei die Rolle des Vermittlers. Sieben bis acht Bewerbungen täglich bestätigen die große Popularität des Services. Etwa die Hälfte davon sind Fußballer. Bei erfolgreicher Suche bezahlen die Anwärter dann 2000 Euro. "In Anbetracht dessen, dass man sich Studiengebühren von bis zu 20.000 Euro spart und an sehr renommierten Unis studieren und trainieren kann, ist das sicher nicht viel", so Stützel.

Fußballspieler Alexander Sala ist einer der sportlichen Abwanderer. Sein Stipendium an der Pittsburgh Point Park University deckt 95 Prozent der Studienkosten. Im Herbst trainiert die Mannschaft zweimal pro Tag - hinzu kommen noch die Spiele. Nach der Saison reduziert sich das Training dann auf viermal pro Woche. "Für das Stipendium sind zwölf Credits pro Semester nötig. Das geht sich aufgrund der guten Koordination auch aus", berichtet der 22-jährige Sala aus Pittsburgh.

In der Heimat bemüht man sich währenddessen um Verbesserung. Michael Hadschieff von Kada ("Karriere danach") - einer Organisation, die Sportler bei Ausbildung und Jobsuche während und nach ihrer sportlichen Laufbahn unterstützt, spricht von einem neuen Pilotprojekt: "In Kooperation mit dem Sportinstitut der Uni Wien und der Vizerektorin Schnabl arbeiten wir daran, die Studienbedingungen für Spitzensportler zu verbessern." Später soll das Projekt auf ganz Österreich und auf alle Fächer ausgeweitet werden. "Die österreichischen Unis haben momentan leider andere Probleme, deshalb gestalten wir das Projekt noch defensiv", bedauert Hadschieff. (Lara Hagen, UniStandard, Printausgabe, 6.10.2011)