Wien - Am Mittwoch beginnt das Feilschen um die Gehaltsabschlüsse 2012 für die rund 450.000 Handelsangestellten. Kein anderer Kollektivvertrag umfasst mehr Beschäftigte, die Mehrheit davon sind Frauen.

Zentrale Forderung der Gewerkschaft der Privatangestellten (GPA-djp) neben einer "kräftigen realen Gehaltserhöhung" ist deshalb die Anrechnung der Karenzjahre als geleistete Berufszeit. Auch die Metallindustrie hat eine Anrechnung von 16 Monaten Karenzzeit je Kind erreicht. Nun sei es auch im Handel an der Zeit, Benachteiligung von Frauen zu beseitigen, schließlich verdiene die Branche gut an ihnen, meinten die zwei Chefverhandler auf ArbeitnehmerInnenseite, Franz Georg Brantner und Manfred Wolf, Montagabend.

Die Erwartungshaltung sei diesmal aber aufgrund der Verhandlungen der Metaller-Gewerkschaft von bis zu 5,3 Prozent mehr Lohn besonders hoch, räumte Brantner ein. Für die Bewertung des Gehaltsabschlusses wird die Inflationsrate von Oktober 2010 bis September 2011 herangezogen. Diese lag bei 2,8 Prozent.

Die konkrete monetäre Forderung wird die Gewerkschaft erst am Mittwoch kurz vor Beginn der Verhandlung intern festlegen. So viel ist aber jetzt schon fix: Alle sollen eine deutliche Gehaltserhöhung bekommen. Eine Staffelung wie in den vergangenen Jahren sei nicht vorgesehen.

Wegfall von Gehaltssprüngen in Karenz Hauptgrund für Lohnschere

Den Schwerpunkt legt die Gewerkschaft bei den diesjährigen Gesprächen auf die Anliegen der Frauen. Derzeit lassen sich für die Karenzzeit maximal zehn Monate anrechnen - allerdings nur für die sechste Urlaubswoche, die Kündigungsfrist und die Entgeltfortzahlung beim Krankengeld, nicht aber für die Abfertigung, Sonderzahlungen oder Jubiläumsgelder. Während der Karenz fielen Frauen somit um wichtige Gehaltssprünge um, was aus Sicht der Gewerkschaft einer der Hauptgründe für die Einkommensschere zwischen Männern und Frauen ist. "Bei zwei Karenzen verliert eine Frau zwischen 50 und 200 Euro brutto pro Monat", schätzt Wolf. Zwar können freilich auch Männer in Karenz gehen, im Handel werde das aber kaum angenommen. "Derzeit ist bei Billa kein einziger Mann in Karenz, bei immerhin 17.000 Mitarbeitern", erzählte Maria Gluchmann, stellvertretende Vorsitzende im Billa-Betriebsrat.

Neo-Klubchef der Wiener ÖVP und Noch-Handelsobmann Fritz Aichinger hat der Forderung nach Anrechnung der Karenzzeiten bereits im Vorfeld eine Absage erteilt und betont, dieses Thema könne nicht auf KV-Ebene gelöst werden. Allerdings wird Aichinger die Kollektivvertrags-Verhandlungen diesmal nicht mehr führen. Wer der neue Chefverhandler auf Arbeitgeberseite wird, verriet er nicht. 

Streikrecht ausnutzen

Wer auch immer der Gewerkschaft ab Mittwoch als Verhandlungspartner gegenübersitzt, muss sich warm anziehen. Durch die Streiks der Metaller seien die Menschen in Österreich nämlich sensibilisiert. "Wir haben das Streikrecht übrigens im Kollektivvertrag stehen", sagte Wolf, der zwar derzeit noch nicht an Streiks denkt, sie aber auch nicht ausschließt, "falls wir nicht ernst genommen werden".

Im vergangenen Jahr haben sich die Sozialpartner nach der sechsten Verhandlungsrunde auf ein Gehaltsplus von 2 bis 2,3 Prozent und damit einen Mindestlohn von 1.300 Euro brutto geeinigt. 2008 war die Inflation ähnlich hoch wie heuer. Damals wurden die Gehälter um 3,6 bis 3,7 Prozent angehoben. (APA)