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Glawischnig im Kampf für die Demokratie. Oder doch gegen Windmühlen?

Foto: REUTERS/Lisi Niesner

"Die Politikverdrossenheit in Österreich ist leider enorm", konstatierte die grüne Bundessprecherin Eva Glawischnig am Dienstagvormittag. Zum Anlass des bevorstehenden Nationalfeiertages hat sich also auch der linke Flügel der Opposition etwas überlegt, um das zu ändern. Man will "der Verdrossenheit mit Transparenz begegnen" und die Mitwirkung der Bürger im politischen Entscheidungsprozess stärken.

"Fachliche Kompetenz als Schutzschirm gegen Korruption"

Die Politikverdrossenheit der Österreicher sei meist Parteiverdrossenheit, bemühte Verfassungssprecherin Daniela Musiol einen bei Politikern in den letzten Wochen beliebten Stehsatz. Dabei spielen vor allem die Korruptionsskandale eine naturgemäß eher negative Rolle im Bewusstsein der Bevölkerung. Um solche in Zukunft zu verhindern, wollen die Grünen vor der Angelobung von Ministern Hearings nach dem Vorbild der Europäischen Union einführen. Bevor ein EU-Kommissar sein Amt antreten darf, muss er dem Europäischen Parlament Rede und Antwort stehen. Auch hierzulande soll der Nationalrat schon vor der Angelobung von Ministern in Form einer Anhörung über deren fachliche Kompetenz urteilen und abstimmen können. Nur wenn eine parlamentarische Mehrheit erreicht wird, könne das Ministeramt dann auch angetreten werden. So käme es laut Glawischnig einerseits zu einer dringend notwendigen Aufwertung des Parlaments und andererseits zu mehr Transparenz im Entscheidungsprozess. "Frischg'fangte" Regierungsmitglieder ohne Qualifikation solle es dann nicht mehr geben. "Fachliche Kompetenz ist auch ein Schutzschirm gegen Korruption", ist sich die Bundessprecherin außerdem sicher.

Ruf nach mehr direkter Demokratie in Österreich 

Wie auch schon von FPÖ und BZÖ gefordert, sollen Volksbegehren mit einer bestimmten Unterstützerzahl zu Volksabstimmungen führen. Allerdings ist man bei den Grünen der Meinung, von den anderen Oppositionsparteien seien in dieser Hinsicht keine brauchbaren Vorschläge eingebracht worden. Man wolle sich nicht auf absolute Zahlen festlegen, sondern direkte und repräsentative Demokratie verknüpfen, so Musiol. Vorstellbar wären etwa die Einführung einer vier-Prozent-Hürde (die Untergrenze für den Einzug in den Nationalrat) oder das Äquivalent zu den fünf Mandaten (ca. 195.000 Stimmen), die im Parlament dazu ausreichen, um einen Antrag einbringen zu können. Würde eine dieser Hürden in einem Volksbegehren erreicht, könnte laut den Plänen der Grünen eine verpflichtende Volksabstimmung folgen.

Auf keinen Fall sollten Volksbegehren und -abstimmungen aber zur Hetze gegen die EU missbraucht werden, wie dies von Seiten der FPÖ gewünscht werde. "Europäische Entscheidungen sollen auch in europaweiten Abstimmungen behandelt werden", so Glawischnig. "Es soll immer die jeweils betroffene Bevölkerung die Möglichkeit zur Abstimmung bekommen." Dazu zählen die Grünen auch Staatsbürger anderer Nationen mit Wohnsitz in Österreich.

Auch Abstimmung über bestehende Gesetze soll möglich sein

Weiters wünschen sich die Grünen laut Musiol die Möglichkeit von Vetoreferenden über gefasste Gesetzesbeschlüsse. Volksbegehren sollen sich auch auf Vollzugsakte (und damit auch auf Verordnungen) sowie auf die EU-Normsetzung auf Ratsebene beziehen dürfen. Für die Initiatoren soll es eine Kostenrückerstattung geben. Zusätzlich fordern sie, dass nicht nur der Nationalrat, sondern auch die Bürger eine Volksbefragung einleiten können. Die Teilnahme an
Volksbegehren und -befragungen soll auch per Brief und online möglich sein. (Max Daublebsky, derStandard.at, 25. 10. 2011)