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Foto: Michael Poehn / Wiener Staatsoper

Wien - So sich ein Opernhaus einen neuen Ring des Nibelungen antut, ist ihm Extraaufmerksamkeit gewiss: Gerade versucht Mannheim (Achim Freyer inszeniert) einen zu stemmen, und auch in München wird ab Februar (Regie Andreas Kriegenburg) versucht, mit Wagners Tetralogie in Bereiche des Großereignishaften vorzudringen. Es geht aber auch weniger aufwändig - man ladet einfach Christian Thielemann ein, den ganzen Ring zu dirigieren.

Wo er auftaucht, wie nun in Wien, ist sogleich ohne Premiere quasi Premierenstimmung, und man rechnet mit über den Alltag hinausragenden Besonderheiten. Der Deutsche steht nun einmal für Wagner (und Strauss), ist bayreutherprobt (bei Opus Arte ist eine diesbezügliche Ring- Gesamtaufnahme erschienen); zudem erwiesen sich seine Opernkontakte mit den Wiener Philharmonikern bis dato als produktiv (zuletzt in Salzburg eine grandiose Frau ohne Schatten).

Und gibt es dann für Thielemann ein paar Probenextrawürste, steht einem fulminanten Rheingold an der Wiener Staatsoper nichts im Wege: Thielemann erweist sich als elastisch mit der Bühne kommunizierender Theatraliker, mit dem fulminanten Staatsopernorchester setzt er nicht nur in "sängerfreien" Passagen Rufzeichen von klanglich überwältigender Wucht. Bei aller Zurücknahme im Sinne der Sängerfreundlichkeit ist immer eine konzentriert-markante Ausformung auch der kleinsten orchestralen Regungen zu vernehmen. Kurzum: Durch Intensität und Gestaltungssouveränität aufgepumpt, wirken die Strukturen dabei klar und von einer ungeheueren dynamischen Bandbreite. Es hatte also Präsenz, nur am Schluss geriet es ein bisschen breiig.

Kein Vokalspektakel

Vokal war's weniger spektakulär. Großartig zwar Tomasz Konieczny (als Alberich) und solide Janina Baechle (als Fricka); Albert Dohmen (als Wotan) kam indes über wenig charismatische Routine nicht hinaus, etwas schrill Anna Larsson (als Erda). Immerhin: Gut Freia (Alexandra Reinprecht), von zumindest hoher szenischer Präsenz Adrian Eröd (als Loge), profund Lars Woldt (als Fasolt), delikat Ain Anger (als Fafner), intensiv Wolfgang Schmid (als Mime), solide Herbert Lippert (als Froh) und gut Markus Eiche (als Donner). Klar jedoch, dass Thielemann gefeiert wurde, als hätte er dirigiert und alle Rollen gesungen.(Ljubisa Tosic / DER STANDARD, Printausgabe, 3.11.2011)