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Foto: TQW / Angela Bedekovic

Wien - Nichts ist in Ordnung, nur den Bildern geht es gut. Möchte man meinen. Eine neue Tanzproduktion zieht das nun in Zweifel. Denn die mediale Bilderflut bewirkt nicht, dass wir tatsächlich über unsere Wirklichkeit im Bild sind, und bei dem hektischen Bildertanz auf dem Kunstmarkt spielt Spekulation die Hauptrolle. Unter dem Titel Tableaux Vivants machen sich die Choreografin Anne Juren, der bildende Künstler Roland Rauschmeier und der Komponist Johannes Maria Staud im Tanzquartier über diese Bildersause lustig und lassen deren Abgründe durchscheinen.

Aus dem Dunkel der Bühne tritt ein Umriss, ein Mann. Er hält einen Computer in der Hand, auf dessen Screen ein Feuer flackert. In den unheilvollen Farben dieses Feuers glüht dann auch die Szene: mit Decken verhüllte Figuren, Äste, Lappen auf dem Boden. Eine der Gestalten stellt eine andere auf den Kopf. Ein gehörntes Tier wackelt umher. Beunruhigend, dieser Auftakt, und irritierend ist auch die von dem Ensemble Phace live gespielte Musik.

Ein Vorhang schließt diese Szene. Als er sich wieder öffnet, taucht ein kleines Bild auf. Es trägt, wie im Programm nachzulesen, den Titel "Vorbereitung auf den Bürgerkrieg". Und ein anderes, ein richtig großes, abstraktes, mit Namen "Danzig". Die sechs Performer verwandeln sich in Puppenspieler. Bild um Bild tritt auf, farbige Leinwände mit Acryl, Ölfarbe und Bauschaum, allesamt von abgründiger Fröhlichkeit. Die Tänzer sind Skulpturen, die Musik wird jazzig, die Leinwände tanzen. Zwei davon werden zu einem Videoscreen umfunktioniert. Und das Video zeigt irrwitzige Figurinen, die an Oskar Schlemmers Triadisches Ballett erinnern sollen und in einem riesigen Heimwerkermarkt - in Kunstsammler Essls Baumax - umhergeistern.

Unter dem Strich zeigt Tableaux Vivants, hervorragend getragen von den Phace-Musikern, die Beunruhigung in einer von Wirtschaftskrise, Sparpaketen und neuem Konservativismus bedrohten Lebenswirklichkeit von Künstlern. Und es wirkt auch als Satire auf pathetische Begriffe: wie etwa Tableau vivant einer ist. (Helmut Ploebst / DER STANDARD, Printausgabe, 11.11.2011)