383.820 Menschen unterschrieben in der Eintragungswoche vom 3. bis zum 10.November das Bildungvolksbegehren. Das sind 6,07 Prozent der Stimmberechtigten (siehe Überblicksartikel). Das Bildungsvolksbegehren forderte eine Veränderung im Bildungssystem. Die Koalitionsparteien lesen das Ergebnis jedoch unterschiedlich. Während Kanzler Werner Faymann das Ergebnis als "positive Unterstützung für weitere Bildungsreformen" sieht, ortet die ÖVP eine Bestätigung ihrer Linie. "Das nun vorliegende Endergebnis des Bildungsvolksbegehrens zeigt, dass die Mehrheit in Österreich weder die Gesamtschule noch die verpflichtende Ganztagsschule will", meinte ÖVP-Generalsekretär Hannes Rauch in einer Aussendung am Donnerstag. Bildungsministerin Claudia Schmied erwartet sich von dem Ergebniseinen "Rückenwind bei der Umsetzung der Reformen".

In den nächsten Monaten wird das Thema Bildungsvolksbegehren auch weiterhin Teil der politischen Debatte bleiben, allein schon aus der Tatsache heraus, dass sich das Parlament mit dem Volksbegehren auseinandersetzen muss. Vorraussichtlich im Jänner wird dies der Fall sein.

Faymann will sich "persönlich dafür einsetzen, dass die Bildungsreform voran getrieben werden". "Die Qualität der Bildung unserer Kinder und Jugendlichen in Österreich sowie die Weiterentwicklung und Modernisierung des Bildungssystems sind entscheidende Faktoren für die Zukunft des Landes", so der Kanzler in einer Aussendung.

Steiermark: "Quantensprung" notwendig

Der steirische Landeshauptmann Franz Voves(SPÖ) und sein ÖVP-Vize Hermann Schützenhöfer mahnen am Tag nach dem Bildungsvolksbegehren Veränderungen ein. Voves würde sich freuen, wenn die Große Koalition in Wien "dieses Signal endgültig als Verpflichtung" sehen würde, die "längst notwendigen großen Schritte bei der Bildungs-Reform" zu setzen, meinte Voves. Sehr ähnlich auch sein ÖVP-Vize Hermann Schützenhöfer: Die Bundesregierung sei jetzt erst recht aufgefordert, "an einem Strang zu ziehen und längst notwendige Änderungen herbeizuführen". Man brauche in der Bildungspolitik einen "Quantensprung".

Herbert Kickl, FPÖ-Generalsekretär, bezeichnete das Ergebnis des Volksbegehren als "Riesenbauchfleck". Dem "SPÖ-Modell haben die Österreicher mit der geringen Unterstützung des Volksbegehren eine klare Abfuhr erteilt", so Kickl in einer Aussendung mit Blick auf die Gesamtschule.

Schönborn: "Ganzheitliches Verständnis von Bildung"

Studentenvertreter und Rektoren mahnen indes, das Volksbegehren nicht wieder in der Schublade verschwinden zu lassen. Rektorenchef Heinrich Schmidinger bedauert zwar, "dass es nicht mehr Stimmen geworden sind". "Allerdings sind knapp 400.000 Unterschriften unter das Bildungsvolksbegehren ein beachtliches Ergebnis, über das sich die Politik nicht hinwegsetzen kann", so der Präsident der Universitätenkonferenz (uniko) zur APA. Die Österreichische HochschülerInnenschaft (ÖH) plädiert dafür, dass der Rückenwind durch die Unterstützer nun genutzt wird und nach "jahrelangem Stillstand" Taten folgen. Immerhin zeige das Ergebnis, "wie viele unzufrieden mit der derzeitigen Situation sind", so ÖH-Vorsitzende Janine Wulz (Grüne und Alternative StudentInnen, GRAS) in einer Aussendung.

Auch ÖGB-Präsident Erich Foglar zeigt sich in einer Aussendung erfreut über den Zuspruch zum Volksbegehren. Die Bundesregierung müsse "das Ergebnis des Volksbegehrens als dringenden Auftrag verstehen, rasch die nötigen Veränderungen und Verbesserungen im Bildungssystem anzugehen". Auch die Bischofskonferenz äußerte sich am Freitag nach ihrer Vollversammlung indirekt zum Volksbegehren. Kardinal Christoph Schönborn mahnte ein "ganzheitliches Verständnis von Bildung" ein und lehnte einen "zunehmend ökonomisch verzweckten Zugang" zum Thema ab. Die Bischöfe begrüßten die breite Bildungsdiskussion, die nicht zuletzt durch ein Bildungsvolksbegehren und eine neue Bildungsplattform angestoßen worden sei.(red, APA, derStandard.at, 11.11.2011)