"Micky-Maus"-Radstreifen den Garaus machen - Vom Erdöl unabhängiger werden - Nie wieder "Aktion scharf" gegen Radfahrende - Wünsche der Lobbys und Aktivisten für 2012

Wien zur Velo-City machen

"Ich möchte im Jahr 2012 einen guten Schritt weiterkommen, Wien zu einer Velo-City zu machen", plant der Wiener Radverkehrsbeauftragte Martin Blum. "Ein Ziel der Radagentur ist es Lust aufs Radfahren zu machen, die Wiener dazu einladen immer öfter auch das Fahrrad für die alltäglichen Wege zu nehmen. Als Anlaufstelle zum Radfahren wird es im Jahr 2012 von April bis Oktober das 'Rad-Haus' gleich gegenüber vom Rathaus geben. Wir werden dort Informationen, Workshops, Themenwochen und Fahrradflohmärkte anbieten. Das Miteinander und ein entspanntes Klima im Straßenverkehr ist mir ein großes Anliegen im Jahr 2012. Wenn wir im Straßenverkehr den anderen öfter mal ein Lächeln schenken, wäre das schon ein großer Beitrag."

Foto: derStandard.at/tin/PID Heintschel

Selbstorganisation - auch in Fragen der Mobilität

Das Wiener Lastenradkollektiv wünscht sich "Bewegungsfreiheit nicht nur für RadfahrerInnen - no border no nation. Selbstorganisation auch in Fragen der Mobilität. Zehn, hundert, tausend Lastenradkollektive. Die Gestaltung von Verkehrsraum durch alle Nutzerinnen statt autozentrierter Vertretungspolitik."

Foto: Matthias M./Lastenradkollektiv

"Micky-Maus"-Radstreifen den Garaus machen

"Für Österreich eine Anpassung der Straßenverkehrsordnung (StVO) im Sinne von mehr 'Radl-Freundlichkeit', wünscht sich die Fahrradlobby ARGUS für 2012: Man muss die Richtlinien für den Radverkehr (RVS) für verbindlich erklären, um den 'Micky-Maus'-Radstreifen und -Radwegen endlich den Garaus zu machen! Was die Bahn betrifft: "ÖBB-Railjets für die Fahrrad-Mitnahme nach EU-Vorgabe umbauen, einen Radtransport bei Schienen-Ersatzverkehr in den Bussen garantieren. Für Wien: eine langfristige Kampagne, damit Autofahrer langsamer und rücksichtsvoller unterwegs sind. Die Gestaltung sicherer Hauptstraßen für den Radverkehr - kein Abdrängen des Radverkehrs in Nebenstraßen."

Foto: ARGUS

Nicht mehr auf den Gehsteig ausweichen müssen

Hans Erich Dechant, Organisator von Citybike Wien, Fahrradbauer und Aktivist in der Fahrrad.Selbsthilfe.Werkstatt im WUK: "Auf jeden Fall wünsche ich mir, dass Radfahren auf Wiens Straßen subjektiv so sicher wird, dass keine Radfahrer mehr glauben, auf den Gehsteig ausweichen zu müssen. Außerdem wünsche ich mir viele, viele neue Citybike Stationen - aber die wünschen sich ja viele Wiener und Wienerinnen wiederum von mir ;-). Konkret wünsche ich mir schon seit vielen Jahren, dass die Citybike Stationen in den Umgebungsplänen am Bahnsteig der U-Bahn Stationen und der Straßenbahn- und Busstationen aufgenommen werden."

Foto: derStandard.at/tin

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Vom Erdöl unabhängiger werden

Folgende Visionen für den Radverkehr in Wien äußert Christian Gratzer vom VCÖ: "Wien bekommt jenes Radfahrklima, das Vorarlberg oder Salzburg bereits haben. Über alle Parteien hinweg wird das Radfahren als wichtiger Bestandteil der Alltagsmobilität gesehen, erlebt und gefördert. Das Verkehrsklima ist geprägt vom Miteinander und von gegenseitiger Rücksichtnahme. Feindbilder gehören der Vergangenheit an. Die Politik erkennt, dass Radfahrer einen großen Beitrag für saubere Luft, zu Gesundheitsvorsorge, Klimaschutz und für staufreie Straßen leisten. Wer möchte, dass wir vom Erdöl der Scheichs unabhängiger werden, der muss auch jene Verkehrsmittel fördern, die für völlige Unabhängigkeit stehen: Gehen und Radfahren! Die Radwegbenützungspflicht wird in Österreich abgeschafft, in Wien gibt es Schnellradwege, die es Radfahrern aus den Außenbezirken erleichtern, in die Stadt zu kommen. Enge Radwege werden rasch saniert und erweitert. Mehr Einbahnen werden fürs Radfahren geöffnet. Unternehmen belohnen Beschäftigte, die mit dem Fahrrad statt mit dem Auto zur Arbeit kommen. Das Einkaufen mit dem Fahrrad wird noch attraktiver, bei Freizeiteinrichtungen darauf geachtet, dass Anreise und Abstellen des Fahrrades so einfach und komfortabel wie möglich ist. Und im Wiener Gemeinderat streiten alle Parteien darum, wer die radfahrfreundlichste Partei ist."

Foto: REUTERS/Bernadett Szabo/VCÖ

"Raum auf den Straßen - Fahrrad auf die Fahrbahn"...

... wünscht sich die Radlobby IGF (im Bild Mastermind Alec Hager). Das bedeutet: "die strikte Vermeidung und Auflösung von Gehsteigradwegen, keine Radwegbenützungspflicht, durchgängig Tempo 30 im Stadtgebiet, geöffnete Einbahnen und FuZos, Fahrradstraßen nach deutschem Vorbild. Der volle Einsatz für eine Erhöhung der Radfahrendenzahl bringt enorme Sicherheitsvorteile für alle: Je mehr Radler desto weniger Unfälle - das ist ein Fakt. Integration in den Fließverkehr hilft dabei. Eine massive Image- und Aufklärungskampagne der Stadt Wien ('Raum in den Köpfen') richtet sich an alle Verkehrsteilnehmendengruppen gesondert und hilft mit, die Sicherheit aller Bürger und den Radfahranteil stark zu steigern." Drittens "Raum in der Planung - das Fahrrad-Forum: Die Planung und Umsetzung von Radverkehrsanlagen funktioniert besser, wenn ein eigenes Gremium von radfahrenden Experten und Bürgern beigezogen wird. Solche Beteiligungkonzepte tragen in vielen europäischen Städten zu Sicherheit und Zufriedenheit der Radfahrenden bei." Viertens: "Mariahilferstraße = Fuzo mit Radverkehr à la 'Unmotorized Shared Space.'"

Foto: derStandard.at/tin

Nie wieder "Aktion scharf" gegen Radfahrende!

Die Liste der Bikekitchen-AktivistInen-Wünsche für 2012: "I wünsch ma eineN Tallbike-BeauftragteN der Stadt Wien, würd mi sofort bewerben. A autofreies Wien, an Polo Platz und Bäume statt Parkplätze. Eine klare und sehr deutliche Absage an die Fahrradnummernschilder-RuferInnen. Abschaffung der Radwegebenützungspflicht. Imagekampagnen, die Lust auf Alternativen zum motorisierten Individualverkehr machen, Vorurteile ("Rad-Rowdys töten Touristen") und Hausverstandsurteile ("Helme schützen vor 85 Prozent der Todesfälle/Kopfverletzungen... ") korrigieren. Generelle Öffnung von Einbahnen für Radfahrende. Ringspur für RadlerInnen, autofreier erster Bezirk (ausgenommen Taxis). Kollektivvertrag für alle FahrradbotInnen. Weniger Parkplätze und damit mehr Platz für die nicht motorisierte Fortbewegung. Bikekitchens in jedem Bezirk, jeder Gasse, jedem Haus. Kompetente, visionäre Leute in die Stadtplanung im Hinblick auf ein Gesamtkonzept. Mehr Fahrradflohmärkte. Szenetreffpunkte sollen weiterhin belebt, gut und mehr besucht werden (Schwarzenbergplatz, Radball, Polo...) und neue entstehen. Dass die verschiedenen Rad-Szenen möglichst wenig verfeindet sind. Nie wieder 'Aktion scharf' gegen Radfahrende!"

Foto: Oskar

Fahrräder von der Mehrwertsteuer befreien

Gerhard Ladstätter organisiert die Grüne Radrettung an vorderster Front (im Bild mit Peter Eschberg, links) und ist Kampagnenkoordinator der Wiener Grünen. Drei knappe aber umso stärkere Zukunftsvisionen äußert er für 2012: "Erstens, dass Radeln aufgrund der herrschenden Platzverteilung zugunsten der Autos in der Stadt oft nicht so leiwand ist, wie es sein könnte, kommt auch bei den vielen Betonköpfen in den Wiener Bezirksvertretungen an. Zweitens: Fahrräder sollten Mehrwertsteuer-befreit sein, Radfahren in die Arbeit steuer-reduzierend. Drittens wünsche ich mir noch mehr Andrang, Prestige und Medienberichterstattung für die Grüne Radrettung." (Eva Tinsobin, derStandard.at)

Foto: derStandard.at/tin