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Vertreter von ÖVP und Grünen fordern die Abschaffung der Sonderschulen. Die Landesschulratspräsidenten treten für die Beibehaltung ein - und so auch Claudia Schmied.

Foto: Hans Punz/dapd

Wien - Dass Unterrichtsministerin Claudia Schmied die "wesentlichen Inhalte" der 2008 ratifizierten UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung "für erfüllt" ansieht, sorgte am Montag u.a. bei Lebenshilfe-Präsident Germain Weber für Unmut. Damit Kinder mit Behinderung nicht vom allgemeinen Bildungssystem ausgeschlossen werden, fordern Lebenshilfe, aber auch andere Organisationen sowie ÖVP- und Grünen-Mandatare seit jeher die Abschaffung der Sonderschulen. Wie aus der Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage durch die Grünen hervorgeht, sieht Schmied dafür jedoch keine Notwendigkeit.

"Zusätzliches Angebot"

Artikel 24 der UN-Konvention verpflichte Österreich, "ein integratives Bildungssystem einzurichten", so die Ministerin. Wie Staaten das organisieren und welche Schwerpunkte sie setzen, bleibe ihnen jedoch selbst überlassen - und da "Sonderschulen unerwähnt bleiben, kann dies nur bedeuten, dass neben einem voll ausgebauten inklusiven System derartige Schulen als zusätzliche Angebote bestehen dürfen". Sonderschulen stünden demnach der Integration von Menschen mit Behinderung ins allgemeine Bildungssystem insofern nicht im Weg, "wie ein Überwechseln ins inklusive System jederzeit ohne Probleme möglich ist".

"Auslaufmodell"

Für die Lebenshilfe ist die Sonderschule jedoch keineswegs mit der inklusiven Schule vereinbar. Der "separate Unterricht von Kindern mit und ohne Beeinträchtigungen" widerspreche klar den Regeln der UN-Behindertenrechtskonvention und halte Behinderte nicht nur "auf einem lebenslangen Sonderweg am Rande der Gesellschaft, sondern ist auch kostspielig in der Erhaltung", meint Lebenshilfe-Präsident Weber. Eine Ansicht, die auch die "Initiative Inklusion Österreich" teilt, die sich am Montag in einem offenen Brief an Schmied wandte. Sie sieht das "Festhalten am Auslaufmodell Sonderschule" als entscheidendes Hindernis bei der Entwicklung hin zum inklusiven Schulsystem. Nur eine gemeinsame Schulform könne entsprechend ausgebildete Pädagogen sowie passende Hilfsmittel "kostensparend und effizient" einsetzen.

Laut Martin Schenk, Sozialexperte der Diakonie Österreich, haben Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf in Österreich "noch immer keinen Platz in einer gemeinsamen Schule". Dabei könne Inklusion allen nutzen, die "häufig befürchtete Nivellierung nach unten" finde nicht statt, wird Denk in einer Aussendung anlässlich seines heutigen Referats im Rahmen der Zero Conference der Essl-Stiftung zitiert. Die Inklusions-Quote von Kindern mit sonderpädagogischem Bedarf liege derzeit zwischen 82 Prozent in Steiermark und nur 32 Prozent in Niederösterreich.

Landesschulratspräsidenten für Sonderschulen

Die Länder sind es auch, die auf die Erhaltung der Sonderschulen Wert zu legen scheinen: Im November bestätigte etwa der Tiroler Landesschulratspräsident Hans Lintner eine entsprechende Vereinbarung mit dem Unterrichtsministerium, wonach "Integration und Inklusion so weit wie möglich ausgebaut werden soll, dass es aber unverzichtbar ist und bleibt, dass Sonderschulen weiterhin bestehen bleiben".

So kommt die Abschaffung der Sonderschulen weder im "Nationalen Aktionsplan" (NAP) des Sozialministeriums noch in Schmieds geplanten Schritten zur inklusiven Schule vor. Diese sehen u.a. die Integration in der neunten Schulstufe an Polytechnischen und einjährigen Haushaltungsschulen sowie vermehrte Schulversuche in der Sekundarstufe II und die weitere Entwicklung von "Kompetenzzentren an Sonderschulstandorten" vor. Weber geht das nicht weit genug: Er fordert in Schmieds Entwicklungsplan, der laut Lebenshilfe noch diese Woche weiter verhandelt wird, "eine klare Positionierung und ein eindeutiges Bekenntnis zur inklusiven Bildung, was im Endeffekt eine Distanzierung zur Sonderschule zur Folge haben muss". (APA)