Wien - So richtig los geht es erst Anfang Mai beim diesjährigen Kremser Donaufestival, aber im WUK fand schon jetzt die Vorpremiere statt: Die Wiener Choreografin Saskia Hölbling präsentierte sich im Projektraum des Kulturzentrums als Body in a metal structure.

Eine Frau in schwarzen Hosen und schwarzem Shirt - Hölbling selbst - platziert sich Kopf nach unten in einem gut vier Meter hohen Gestell aus Metallröhren, wie sie für Baugerüste verwendet werden. Die geplant instabile Konstruktion (von Gudrun Lenk-Wane) besteht aus einer Pyramide innerhalb eines Würfels. Darin bewegt sich die Tänzerin eine Stunde lang, klettert hoch, lässt sich wieder zu Boden, hängt an den Verstrebungen und rüttelt an ihnen. Das Gestell hält das zwar aus, aber vor allem seine äußeren Teile schwanken gefährlich. Der Symbolwert des Ganzen ist beachtlich. Der Philosoph Martin Heidegger war begeistert von der Idee des "Ge-stells". Für ihn steht es für alles, was "den Menschen herausfordert, das Wirkliche als Geschaffenes zum Vorschein zu bringen". Der Bezug zu Heidegger ist keine Spekulation. Denn Hölbling hat ihr Stück zusammen mit dem französischen Künstler Laurent Goldring erstellt. Und der ist bekannt als Philosophie-Aficionado.

Daher passt die Metallstruktur im Stück genau zu dem "Gestänge und Geschiebe und Gerüste", das für Heidegger "zum Technischen gehört". Aber man muss kein Philosophiestudium absolviert haben, um zu verstehen, was die Tänzerin - übrigens unter Verzicht auf virtuose Tanz-"Techniken" - in dem Gerüst umtreibt. Hölbling erforscht diese aufgerichtete Männerstruktur und fordert sie heraus: belastet, beunruhigt und durchdringt sie. Währenddessen tauscht sie ihre Hosen gegen einen Rock, zieht ein Jackett über ihr Shirt.

Am Ende verharrt sie wieder kopfüber - allerdings bis auf BH und Slip entkleidet. So stellt sie das Gestell auch als Übertreibung jener Stange dar, um die sich Pole-Tänzerinnen winden. Und Pole Dance ist zur Zeit sehr populär: gerade außerhalb halbseidener Etablissements als Vergnügen für jedefrau. Er gilt als sexy und bewusstseinsfördernd zugleich. Hölbling scheint Lunte gerochen zu haben. Konsequent dekonstruiert sie den Pole und überführt das Ergebnis ins Künstlerische. "Body in a metal structure" soll ab nun Open Air dort aufgeführt werden, wo das Gestell einen Fremdkörper bildet.

Für Hölbling ist diese Arbeit das erste Statement in einer ganzen Reihe künftiger "Squattings", Besetzungen von öffentlichen Plätzen. Der Anfang ist gemacht - und absolut gelungen. (Helmut Ploebst, DER STANDARD - Printausgabe, 21./22. Jänner 2012)