Neun von zehn berufstätigen Österreicherinnen würden sich eine Führungsposition in ihrem Unternehmen grundsätzlich zutrauen, aber nur vier Prozent haben dies tatsächlich geschafft. Angesichts fehlender Rahmenbedingungen für Karriere regiert berufliche Bescheidenheit: 66 Prozent der Frauen sind mit ihrem Job zufrieden und haben sich auch mit der Doppelbelastung BerufHaushalt ganz gut arrangiert. Dies ergab eine repräsentative Umfrage der Allianz Versicherung, die im Rahmen eines umfassenden "Diversity-Konzeptes" in den nächsten Jahren einen besonderen Schwerpunkt auf die Entwicklung ihrer Mitarbeiterinnen legen will.

"Für 42 Prozent der befragten Frauen hat Karriere einen ausgesprochen hohen Stellenwert", so der Initiator der Studie, Allianz-Personalchef Norbert Dörner (Bild). Die Mehrheit strebe derzeit dennoch keine Führungsrolle an - zum einen, weil die Familie dann zu kurz käme, zum anderen wegen unüberwindbarer firmeninterner Hürden. Allein schon aufgrund der demografischen Entwicklung könne es sich Österreichs Wirtschaft aber nicht leisten, auf dieses Potenzial zu verzichten, so Dörner.

Zufriedenheit mit ihrem Job haben die Frauen derzeit auf eher bescheidenem Niveau entwickelt, wie die Allianz-Studie zeigt. So steht bei 80 Prozent die gute Erreichbarkeit des Arbeitsplatzes im Vordergrund, 75 Prozent loben ihre Kollegen, und 68 Prozent bewerten ihren Job als sicher. Gehalt und Karrierechancen finden sich hingegen am unteren Ende der Rangliste. Nach Schulnoten geben die Österreicherinnen ihrem Arbeitsplatz im Schnitt eine 2,2, womit sie nicht ganz das Zufriedenheitslevel der Männer erreichen. Banken, Versicherungen und andere Dienstleistungsunternehmen schneiden dabei deutlich besser ab als Industrie, Unterrichtswesen und Verwaltung. Frauen, die erst kurz im Unternehmen sind, zeigen insgesamt höhere Zufriedenheit als Langzeitarbeitnehmerinnen.

Patchwork im Leben

Vormittags am Arbeitsplatz, nachmittags bei der Familie - auch das kriegen die Frauen nach eigener Einschätzung ordentlich hin. 72 Prozent von insgesamt über 500 Befragten halten die Kombination von Geldverdienen und Haushalt für gut machbar. Selbst mit Kindern erweist sich die Situation bei den meisten Frauen als zufriedenstellend, für Freizeit bleibt dann freilich kaum mehr Spielraum. Im Vorteil sind dabei Teilzeitbeschäftigte; erwartungsgemäß bietet das Unterrichtswesen die besten, die Produktionswirtschaft die schlechtesten Bedingungen.

Drei von zehn Frauen nehmen an ihrem Arbeitsplatz deutliche Unterschiede in Sachen Gleichberechtigung wahr. Während diese im beruflichen Alltag - beispielsweise die Behandlung durch Vorgesetzte und Kollegen - noch relativ gut funktioniert, ortet man in vielen Fällen eine erhebliche Benachteiligung bei Gehalt, Aufstiegschancen und Übergabe von Verantwortung. Apropos Gehalt: Mit diesem ist laut Allianz-Umfrage fast jede zweite berufstätige Frau in Österreich unglücklich, insbesondere Vollzeitbeschäftigte in der Altersgruppe zwischen 40 und 49 Jahren. Besondere Unzufriedenheit herrscht in der Gastronomie, im Schulwesen und bei Produktionsbetrieben. Banken und Versicherungen wird hinsichtlich Entlohnung hingegen ein wesentlich besseres Zeugnis ausgestellt. Das neue Allianz-Konzept fokussiere individuelle Qualifizierungsprogramme, aktive Ermutigung und erheblich verbesserte Rahmenbedingungen für Frauen, die eine Führungsposition anstreben. (kbau, DER STANDARD, Printausgabe 4./5.2.2012)