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Wien - Expertinnen und Teilnehmerinnen der "frauenakademie" der Katholischen Sozialakademie Österreichs haben vergangene Woche Zwischenbilanz über den ersten Lehrgang "Geld und Leben. Ökonomische Kompetenzen für soziales Handeln" gezogen. Dabei forderte Univ.-Prof.in Dr.in Luise Gubitzer (Wirtschaftsuniversität Wien, Expertin am Lehrgang) mehr "Economic Literacy" (Ökonomische Alphabetisierung) für Frauen analog zu den Angeboten von "frauenakademie" oder WIDE (Women in development).

"Frauen sind Expertinnen"

Frauen seien wirtschaftliche Akteurinnen, dennoch hätten sie häufig das Gefühl, von Wirtschaft zuwenig zu verstehen und nicht mitreden zu können. Es gehe daher darum, ihnen "Sprache" zu verleihen. Ziel von "Geld und Leben" ist es, Frauen zu befähigen, Gesellschaft mitzugestalten sowie "Wirtschaft als dienendes System" bewusst zu machen. Wirtschaft werde oft verkürzt auf den "for-profit"-Sektor, wobei der non-profit-Bereich und der öffentliche Sektor ausgeblendet bleiben. Das aber seien Sektoren, die insbesondere von Frauen getragen werden und anderen Rationalitäten gehorchen. "Frauen sind Expertinnen. Sie sollen nicht still sein".

Gesellschaft gestalten, Wirtschaft menschen- und frauengerecht weiterentwickeln und Frauen als Akteurinnen zu stärken, das sind Anliegen des Lehrgangs "Geld und Leben" der "frauenakademie" der ksoe, der vorigen November gestartet hat und jetzt dieHalbzeit erreicht hat.

Fehlende Präsenz ...

Mag.a Margit Appel (Leiterin des Lehrgangs "Geld und Leben", ksoe-Mitarbeiterin) wies darauf hin, dass in anderen Gesellschaftsbereichen die Leistungen von Frauen verschüttet gewesen sind und es zusehends gelingt, diese zu heben und bekannt zu machen. Auf dem Gebiet der Wirtschaftstheorie aber gebe es keine Frauen zu finden. Frauen seien nicht bloss vergessen worden oder nicht aufgetaucht, sie hätten tatsächlich bisher wenig mitgestaltet.

Mag.a Gabriele Lindner (Leiterin der frauenakademie, ksoe-Mitarbeiterin) erklärte, wie die ksoe das Konzept von "Economic literacy" umsetzt. In der frauenakademie können ökonomische Kompetenzen entwickelt werden, Berührungsängste abgebaut, Widersprüchlichkeiten in den dominanten Wirtschaftskonzepten aufgedeckt und alternative Ansätze kennengelernt werden. Das "Vokabular" zu erlernen, Wirtschaftstheorien kritisch anfragen und zu bewerten, Handlungsfähigkeiten einzuüben (z.B. durch konkrete Projekte, öffentliche Präsentation etc.), sind wesentliche Ansätze der frauenakaemie und damit ein Weg zur "ökonomischen Alphabetisierung" von Frauen.

Lebensbereiche

Luise Gubitzer zeigte an einigen aktuellen Beispielen, wie wirtschaftliche Rahmenbedingungen in das Leben von Frauen eingreifen. Durch die Stundenkürzungen im Unterricht fürchten viele Frauen zurecht, dass sie nun zusätzliche (organisatorische) Kosten zu tragen hätten, z.B. für zusätzliche Kinderbetreuung oder Frauen Aufgaben des Bildungssystems übernehmen müssten (Lernhilfe). Gubitzer: "Politische Maßnahmen betreffen Frauen anders als Männer."

Frauen stärker betroffen

Wirtschaft sei "etwas Gemachtes", von Interessen Geleitetes, Ökonomie sei deshalb zu entmystifizieren. Wirtschaft sei eben kein Sachzwang, sondern etwas Gestaltbares. Frauen hätten ein Recht dazu, sich einzubringen, allein schon aufgrund dessen, was sie schon wissen. "Frauen sollen nicht still sein", so Gubitzer. Auch durch die geplante Abschaffung der Notstandshilfe würden Frauen stärker betroffen werden als Männer. Es müsse also immer geprüft werden, ob durch solche Maßnahmen eine "Rollenfixierung" bewirkt werde.

Umsetzung

Hemma Kulich, Erwachsenenbildnerin und Teilnehmerin des Lehrgangs "Geld und Leben", will die Erfahrungen in der konkreten Politik umsetzen. Auf der Gemeindeebene plant sie, sich etwa für "frauengerechte" Budgets einzusetzen. Der Lehrgang helfe viel auf diesem Weg, er "macht Freude" und "strengt an". Die "frauenakademie" bietet Frauen einen geeigneten Rahmen, um über Wirtschaft zu reflektieren und neue Handlungsanregungen zu erarbeiten, "weil Frauen unter Frauen sein dürften". Eine Exkursion in den Handelsraum einer Bank, habe, so Kudlich, deutlich gezeigt, wie den Frauen die Wirtschaftskompetenz von den anwesenden - angeblich wirtschaftlich kompetenteren - Männern abgesprochen worden ist (z.B. allein schon durch die Körpersprache).

Katarin Lukács, eine weitere Teilnehmerin, betonte, dass die wirklich frauenspezifische Bearbeitung der Wirtschaftsthemen im Lehrgang hohen Wert hätten. Lukács erwähnte auch wertschätzend, dass an der "frauenakademie" nicht nur mit dem Hirn gelernt werde, sondern etwa auch mit dem Körper (Körperarbeit).

Da die Nachfrage nach dem Thema Wirtschaft so groß ist, wird es einen weiteren Lehrgang mit diesem Schwerpunktthema geben müssen", erklärte Lindner. Teilnehmerinnen wie Expertinnen waren sich eins: Ziel allen Wirtschaftens muss "gutes Leben" aller sein und damit auch von Frauen. (red)