Wien - Das Strafrecht für Korruption im öffentlichen Bereich - also Beamte und Politiker - wurde 2009 massiv entschärft. Mit diesem Korruptionsstrafrechtsänderungsgesetz (KorrStrÄG) wurden 2008 in Kraft getretene Verschärfungen - etwa das "Anfütterungsverbot" - massiv eingeschränkt. Die Regelungen, was strafbar ist, wurden so weit zurückgenommen, dass sie jetzt "sogar deutlich hinter" der bis Ende 2007 geltenden Regelung liegen, stellte der Salzburger Strafrechtler Kurt Schmoller in einer Publikation zur Landtagspräsidentenkonferenz 2011 fest. Die österreichischen Regelungen zur Korruption werden - wie mehrfach kritisiert wurde - den internationalen Standards nicht gerecht.

Seit der - unter Justizministerin Claudia Bandion-Ortner vorgenommenen Novelle 2009 ist an Korruption im öffentlichen Bereich nur noch strafbar:

  • Amtsmissbrauch durch einen Beamten "in Vollziehung der Gesetze", wissentlich und mit Vorsatz bzw. Anstiftung dazu, auch "Vorteil"
  • Bestechung mit Vorteilszuwendung bzw. -annahme für pflichtwidrige Amtsgeschäfte (ausgenommen staatsnahe Unternehmen, die meisten Selbstverwaltungskörper und fast völlig Abgeordnete)
  • Verbotene Intervention mit Vorteilszuwendung bzw. -annahme für pflichtwidrige Amtsgeschäfte, wenn der Lobbyist wissentlich handelt
  • Vorteilsannahme bzw. Vorteilsgewährung für pflichtgemäße Amtsgeschäft durch Beamte mit Verbot im Dienstrecht (nichtRegierungsmitglieder, Abgeordnete, staatsnahe Unternehmen, Selbstverwaltung)

Nicht mehr strafbar:

  • das "Anfüttern" - also Geschenke zur "Klimapflege" ohne Bezug zu einem konkreten Amtsgeschäft - wurde 2008 verboten, 2009 aber weitgehend wieder zugelassen. Der damals geschaffene Ersatztatbestand - Verbot der Geschenkannahme zur Anbahnung eines künftigen pflichtwidrigen Amtsgeschäfts - ist "zahnlos", bisher gab es keine Verurteilung.
  • Politische Funktionsträger wurden 2009 weitgehend ausgeklammert. Bis 2007 war die Vorteilsannahme auch für pflichtgemäße Amtsgeschäfte grundsätzlich strafbar. 2009 wurde getrennt zwischen "pflichtgemäßen" und "pflichtwidrigen" Amtsgeschäften. Bei pflichtgemäßen Amtsgeschäften ist Geschenkannahme bzw. -zuwendung nur mehr strafbar, wenn sie im Dienstrecht des Amtsträgers verboten ist. Ein solches Dienstrecht haben aber nur Beamte, Vertragsbedienstete und Richter - nicht aber Minister, Landeshauptleute oder Bürgermeister. Somit kann z.B. ein Bürgermeister nicht bestraft werden, wenn er für die rasche Abwicklung eines Bauverfahrens eine größere Geldsumme annimmt.
  • "Bemerkenswerte Zurückhaltung" besteht seit jeher hinsichtlich der Parlamentsabgeordneten. Bis 2007 waren sie gar nicht erfasst, 2008 wurden sie prinzipiell den "Amtsträgern" zugerechnet, die Mandatare der inländischen Parlamente aber gleich wieder ausgenommen. Damit unterliegen nur Abgeordnete des EU-Parlaments dem Korruptionsstrafrecht. Geldzuwendungen an Mandatare des Nationalrates, des Bundesrates, der Landtage oder der Gemeinderäte können nur in einem einzigen Fall bestraft werden - nämlich für Kauf bzw. Verkauf ihrer Stimme in einer Wahl oder Abstimmung.
  • Die Selbstverwaltungskörper wurden schon 2008 weitgehend ausgeklammert: Bis 2007 waren als "Beamte" auch Angehörige von Gemeinden, Kammern, Universitäten, der ÖH etc. erfasst. 2008 wurde der Begriff "Amtsträger" eingeführt, unter den aber nur Bund, Länder, Gemeinden, Sozialversicherungsträger fallen. 2009 erfolgte zwar eine Änderung, aber "nicht sehr überlegt" - und so ist es, so Schmoller, bis heute nicht strafbar, wenn sich z.B. ein Universitätsprofessor für ein positives Prüfungszeugnis bezahlen lässt.
  • Mitarbeiter öffentlicher Unternehmen (mit mindestens 50 Prozent Beteiligung der öffentlichen Hand bzw. unter Kontrolle des Rechnungshofes) waren bis 2007 erfasst, wurden schon 2008 zum Teil und 2009 dann fast völlig ausgeklammert. Der "Amtsträger"-Begriff begrenzte 2008 auf Mitarbeiter, die "mit öffentlichen Aufgaben betraut" waren - was für ÖBB, Post, Telekom oder ORF noch galt. Seit 2009 sind aber nur noch Rechtsträger erfasst, die "weit überwiegend Leistungen für die Verwaltung" von Bund, Ländern, Gemeinden etc. erbringen. Damit unterliegen nur mehr die Bundesimmobiliengesellschaft oder die Buchhaltungsagentur dem Korruptionsstrafrecht, nicht mehr aber Unternehmen wie die Telekom, die ASFINAG oder die ÖBB. (APA)