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Wiener Mittelschule, Vorbild Vorarlberg und die "niederösterreichischen Charakteristika" - Am Eigenlob der Länder ist nicht viel dran.

Foto: dapd/Kalaene

"Wir wollen die Vorreiterrolle Vorarlbergs bei der 'Vorarlberger Mittelschule' ausbauen." - "Wien ist das einzige Bundesland, das ein vollwertiges Konzept für seine Version der NMS entwickelt hat." - "Die Schulen in Niederösterreich arbeiten 'flexibel, engagiert und schülerzentriert'. Das sollte ins Bundesgesetz einfließen." Das sind nur einige Zitate, die in der APA zum Thema Neue Mittelschule aus den verschiedenen Ländern zu finden sind. Die Bundesländer behaupten, ein eigenes Konzept entwickelt zu haben. Von der Idee des Bundes heben sich die meisten Ausformungen aber kaum ab.

Die Neue Mittelschule (NMS) wird ab Herbst als Regelschule eingeführt. Bis zum Schuljahr 2018/19 sollen alle Hauptschulen in Neue Mittelschulen umgewandelt werden. Gymnasien können freiwillig die neue Schulform annehmen, hier gilt aber weiterhin, dass maximal zehn Prozent der Schulen umgewandelt werden dürfen. Das Konzept hinter der NMS: eine innere Differenzierung und Individualisierung. Eine weitere Besonderheit: Beim "Team-Teaching" stehen zwei Lehrer in der Klasse. Da sich die Länder nun mit ihren verschiedenen Mittelschulen brüsten, stellt sich für Schüler und Eltern die Frage, ob es ab Herbst neun verschiedene Mittelschulen in Österreich geben wird.

In Vorarlberg betont die Landesschulinspektorin, dass die Lehrer zusätzliche Unterstützung bekommen und es eine starke Individualisierung gibt. Besonders ist hier vor allem, dass schon fast alle Hauptschulen in Neue Mittelschulen umgewandelt wurden.

Niederösterreichische "Charakteristika"

In Niederösterreich ist man auf die "niederösterreichische Mittelschule" stolz. Mitte Februar wurde sogar eine Umfrage präsentiert, wonach jeder zweite Schüler die Schulform mit "Sehr gut" benotet. Als "Charakteristika" der Mittelschule nennt der Pressesprecher des Bildungslandesrats Karl Wilfing, dass "das Kind als Persönlichkeit mit besonderen Stärken und Talenten in den Mittelpunkt gestellt wird". Auch Kinder-Eltern-Lehrer-Gespräche, eine innere Differenzierung und Individualisierung ab der 7. Schulstufe und die Kooperation zwischen einzelnen Schulstandorten würden diese Form der Neuen Mittelschule ausmachen. All diese Dinge stehen auch im Gesetzesvorschlag des Bundes. In Niederösterreich betont man, dass die "Intensität der Entwicklung in Niederösterreich sich nun auch in den bundesrechtlichen Rahmenbedingungen wiederfindet". 

Wiener Mittelschule

In Wien gibt es schon seit längerer Zeit die "Wiener Mittelschule". Sie weicht tatsächlich von der Neuen Mittelschule des Bundes ab. Hier werden auch Gymnasien in Mittelschulen umgewandelt. Die Oberstufe wird in Kursen geführt und es sind Ganztagsschulen. "Das ist eine höchst engagierte Teilmenge der Neuen Mittelschulen", erklärt Rupert Corazza vom Wiener Stadtschulrat. An diesen Schulen werden auch Bundeslehrer und nicht "nur" Pflichtschullehrer eingesetzt. In Wien gibt es allerdings nicht nur rund 20 Wiener Mittelschulen, sondern auch 46 reguläre Neue Mittelschulen. Hier werden nur Hauptschulen in Neue Mittelschulen umgewandelt.

Schilcher: "Externe Evaluierung"

Der Vorsitzende der Expertenkommission für die Neue Mittelschule, Bernd Schilcher, stellt im Gespräch mit derStandard.at fest, dass die NMS in den Bundesländern "in den Grundzügen identisch ist". Es gebe nur einige Abweichungen und Betonungen und eine unterschiedliche Anzahl von Ganztagsschulen. "Die Grundidee des individualisierten Unterrichts ist überall gleich", so Schilcher. Dass die NMS ihren Unterricht autonom gestalten können, ist für den Bildungsexperten "erfreulich". Parallel dazu gebe es auch eine externe Evaluierung wie die Bildungsstandards und die teilzentrale Matura, wodurch ein Qualitätsrahmen für die NMS gewährleistet sei. (Lisa Aigner, derStandard.at, 6.3.2012)