Ein intensiver Abend von Drama Graz: Doujenis (li.) und Halbedl geben Dealer und Kunde.

Foto: Drama Graz

Graz - "Ich bin nicht an diesen Ort gekommen, um Sanftmut anzutreffen; die Sanftmut ist etwas für Kleingewerbetreibende, sie geht stückweise an die Dinge heran, sie zerstückelt die Kräfte wie eine Leiche im Anatomiesaal."

Bernard-Marie Koltès schrieb in seinem 1987 uraufgeführten Stück In der Einsamkeit der Baumwollfelder einen poetischen und illusionslosen Dialog zweier Männer, die sich in der Nacht zu einem Geschäft treffen: Der Kunde und der Dealer verhandeln, sich vorsichtig aneinander herantastend, über Märkte, Gerechtigkeit, Wünsche und das Zwillingspaar Liebe und Einsamkeit.

Ernst M. Binder, ein Autor und Regisseur, der auch mit dem Werk anderer leidenschaftlich respektvoll umgeht, hat sich im Text des 41-jährig an Aids verstorbenen Ausnahmedramatikers vor allem um die Liebe und die Einsamkeit gekümmert. Er ließ die beiden Schauspieler Daniel Doujenis (Dealer) und Werner Halbedl weitgehend statisch am Text arbeiten und diesen auf einer fast leeren Bühne wiedergeben. Immer wieder geht das Licht aus. Publikum und Darsteller bleiben mit den Worten oder der Musik von Andreas Thaler und der berührenden Stimme von Sängerin Julia Wohlfahrt in vollkommener Finsternis allein.

Das hat nichts von einem Hörspiel, denn man spürt die Präsenz der anderen um sich herum. Man versteht den Dealer, wenn er sagt: "Ich trete an Sie heran, wie die Dämmerung an dieses erste Licht herantritt, sachte, ehrerbietig, fast liebevoll, während unten auf der Straße Tier und Mensch an ihren Leinen zerren und wild gegeneinander die Zähne blecken."

Großes Theater, das sich auch vor der Ruhe zwischen den Zeilen verneigt.   (Colette M. Schmidt, DER STANDARD, 9.3.2012)