ien - ÖVP-Klubobmann Karlheinz Kopf hat eine interessante Theorie zu den Ermittlungen gegen den ÖVP-Fraktionsführer im U-Ausschuss, Werner Amon, aufgestellt: Er glaubt, dass die Staatsanwaltschaft es in der Causa Telekom auf Amon abgesehen hat, weil dieser kürzlich die Einzeltäter-Theorie im Fall Kampusch öffentlich in Zweifel gezogen hat. Man versuche Amon "mundtot zu machen, weil er jemandem auf die Zehen gestiegen ist", sagte Kopf bei einer eilig einberufenen Pressekonferenz am Dienstag. 

Kritik von Karl

Justizministerin Beatrix Karl (ÖVP) wies die Anschuldigungen Kopfs in einer Presseaussendung scharf züruck. Sie halte "nichts von Verschwörungstheorien und fordert dazu auf, die Staatsanwälte in Ruhe arbeiten zu lassen", hieß es am Dienstag in einer Presseaussendung des Ministeriums. "Ich bin überzeugt davon, dass die österreichischen Staatsanwältinnen und Staatsanwälte gute Arbeit leisten und verbitte mir daher jede Einmischung von außen", so Karl.

Die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft, die Geldflüssen von der Telekom zum ÖAAB nachgeht, wies Kopf in seiner Pressekonferenzzurück. Die Behörden vermuten, dass im Jahr 2007 über die Firma Valora des Telekom-Lobbyisten Peter Hochegger 10.000 Euro für eine Zeitschrift des ÖAAB ohne Gegenleistung geflossen sind. Kopf spricht dagegen von "klassischem Sponsoring, wie es in tausenden Fällen in Österreich vorkommt". Das Geld soll für eine Werbebeilage geflossen sein. Das Problem dabei ist, dass diese Werbebeilage nicht vorhanden ist. Das räumte auch Kopf ein: "Die Beweisführung wird etwas schwierig sein." Er begründet das Fehlen dieser Beilage damit, dass es beim ÖAAB nicht üblich gewesen sei, Werbebeilagen abzulegen.

"Mundtot" machen

Das sei möglicherweise ein Fehler gewesen, sagte Kopf. Wenn man aber jemandem einen Vorwurf machen müsste, dann den Telekom-Managern und Hochegger, nicht jedoch Amon, der damals ÖAAB-Generalsekretär war. Amon in dieser Causer der Beihilfe zur Untreue bzw. zur Geldwäsche zu beschuldigen sei "geradezu absurd", so Kopf, der einen Zusammenhang mit Amons Aussagen im Fall Kampusch vermutet. Amon hatte als Vorsitzender des Kampusch-Unterausschusses des Innenausschusses im Parlament die Einzeltätertheorie angezweifelt. Zwei Tage später habe die Staatsanwaltschaft angeregt, ihn als Beschuldigten in der Telekom-Affäre zu führen - für Kopf kein Zufall. Man versuche Amon offenbar "mundtot" zu machen.

Dass Amon seine Funktion als ÖVP-Fraktionsführer im U-Ausschuss zurücklegt, kommt für Kopf jedenfalls überhaupt nicht in Frage. "Ich denke nicht daran, die Fraktionsführerschaft auch nur eine Sekunde in Frage zu stellen."

Kopf: "Schweinerei"

"Ich finde es eine sehr fragwürdige Angelegenheit, ich könnte es auch Schweinerei nennen, wie mit dem Abgeordneten Amon umgegangen wird", sagte Kopf. Echte Korruptionsfälle würden "absichtlich und mutwillig" mit völlig legalen Dingen wie Sponsoring vermischt, so Kopf.

Man versuche, der ÖVP "Dinge umzuhängen", und das wolle man sich nicht gefallen lassen. Es habe andere Dinge wie den Fall Ernst Strasser gegeben, der für die ÖVP "sehr unangenehm" gewesen sei und "uns sehr wehgetan hat". Die Vorwürfe gegen Amon seien aber absurd. Er habe jedenfalls keinen Zweifel, dass es für die Zahlung für die ÖAAB-Zeitschrift eine Gegenleistung gegeben habe, so Kopf.

"Kritischer Punkt der Rechtsstaatlichkeit"

Man sei "an einem sehr, sehr kritischen Punkt der Rechtsstaatlichkeit" angelangt, so Kopf. Es stelle sich die Frage, ob nicht die Grenze dessen, was zulässig sei, überschritten wurde. Politiker seien kein "Freiwild", so Kopf. In dieser Geschichte zeige sich, dass sich die parallelen Ermittlungen von Justiz und U-Ausschuss nicht gut vertragen. Denn dadurch würden "nach dem Zufallsprinzip Akten geliefert", "Leute an den Pranger gestellt nach dem Zufallsprinzip" und "willkürliche Vorverurteilungen" getroffen, so Kopf.

Grüne sehen "abstruse Verschwörungstheorien"

Die Grünen bezeichneten Kopfs Aussagen und seinen Angriff auf die Justiz als "schwere Entgleisung". Anstatt Amon aus dem U-Ausschuss abzuziehen, entwickle Kopf "abstruse Verschwörungstheorien", erklärte der stellvertretende Grünen-Klubobmann Werner Kogler in einer Aussendung.

Oberstaatsanwaltschaft wehrt sich

Auch die Oberstaatsanwaltschaft Wien wehrt sich gegen die Vorwürfe. Behördensprecherin Ilse Wrabl-Sanda betonte am Dienstag, dass die Oberstaatsanwaltschaft inhaltlich überhaupt nicht in die Causa involviert gewesen sei. Diese sei durch einen Bericht des Bundesamts für Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung (BAK) an die Staatsanwaltschaft öffentlich geworden sei. Diese Aktennotiz wurde an den U-Ausschuss übermittelt, wo sie BZÖ und Grüne öffentlich machten. Die Oberstaatsanwaltschaft sei nur insofern involviert gewesen, als die Aktenvorlage an den U-Ausschuss über sie laufe - und zwar auf Basis der Beweisanträge des Ausschusses.

Das BAK will nicht die alleinige Verantwortung für die Ermittlungen übernehmen und betont in einer Aussendung, den Bericht über die geplante Einvernahme des ÖVP-Abgeordneten Werner Amon in Absprache mit der Staatsanwaltschaft verfasst zu haben.

Amon-Einvernahme am 29. Februar angeregt

Auf Nachfrage der APA bestätigte das BAK, dass die Einvernahme Amons am 29. Februar in einem Bericht an die Staatsanwaltschaft Wien angeregt wurde. Dieser Bericht sei jedoch nach entsprechender telefonischer Abstimmung mit dem zuständigen Staatsanwalt entstanden. Demnach habe der zuständige Beamte des BAK dem Staatsanwalt mitgeteilt, dass man als nächsten Schritt Amon befragen müsse. Der Staatsanwalt habe empfohlen, das so in den schriftlichen Bericht zu schreiben, was dann auch passiert sei, so der Sprecher des Innenministeriums.

Das BAK ist übrigens nicht bei der Staatsanwaltschaft angesiedelt, sondern im Innenministerium. Ressortchefin ist dort Johanna Mikl-Leitner, im Nebenjob Obfrau des ÖAAB. (APA, 13.3.2012)