Arbeiter kidnappen im Angesicht ihrer Kündigung ihre Chefs - sterben muss allerdings die Sekretärin: In Andreas Jungwirths soeben am Phönix-Theater uraufgeführtem Stück Bossnapping geht es ungerecht zu. Die Bühne (Stefan Brandtmayr) ist zweigeteilt: Unten robben die Arbeiter in weißen Arbeitsmänteln, führen Fließbandbewegungen aus. Darüber haben die Chefs ihre Bühne, rollen auf Bürostühlen hin und her und üben es, jemandem eine Kündigung als "Angebot" zu unterbreitet.

Veronika Jacoby (Nicola Trub) unterschreibt das Angebot nicht, stattdessen besorgt sie sich eine Waffe. Gemeinsam mit zwei Kollegen beschließt sie, die beiden Chefs, Dr. Kurban (Walter Ludwig) und Dr. Hahn (Melanie Herbe) in ihrem Büro festzuhalten, bis die Kündigungen zurückgenommen werden. Existenzangst sollen sie fühlen. Aber irgendwie läuft alles schief - Jacoby erschießt die Sekretärin und flieht. Der Rest der Belegschaft bleibt zurück, jeder auf seine Weise ein Verlierer.

Autor Andreas Jungwirth, 1967 in Linz geboren, zeigt, dass der Neo- und Turbokapitalismus wenig Platz für Solidarität lässt. Es ist auch ein Stück, das danach fragt, wie weit Macht und Gewalt sich bedingen, auflösen und umkehren können. Jungwirth schafft in Bossnapping keine Helden, auch macht er keine Schuldzuweisungen, vielmehr zeigt er das zwischenmenschliche und psychologische Dilemma aus Empathie-Unfähigkeit, Abhängigkeit und Egoismus auf, in dem sich alle - Arbeiter, Angestellte und Manager - zerreiben, ein Gefühl, das von allen Schauspielern gut übertragen und umgesetzt wird. Alexander Kratzer inszeniert zügig, Markus Tavakoli schafft dazu Musikstücke im Takt eines Hamsterrades. (wkh, DER STANDARD, 28.3.2012)