Ist die Gattin aus dem Haus, wird Clemens Matzka zum Rebell. Wiederaufnahme von Ingrid Lausunds "Zuhause" im Theater Drachengasse.

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Schöner wohnen mit Zielgruppensofa, das könnte den " Marktforschungsarschlöchern" so passen.

In der Wiederaufnahme von Ingrid Lausunds Zuhause im Theater Drachengasse hält diese Renitenz nicht lange, was ist schon Individualität gegen Bequemlichkeit? In fünf Szenen, die hauptsächlich in Monologform erzählt werden, entlarvt Lausund Selbsttäuschung und Statusattitüden, Subjekte werden auf ihren monetären Wert reduziert.

Lausunds Figuren haben sich in (Tapeten-)Muster und Rollen eingefügt und glücklos arrangiert. Sie leben im Schein, zum Beispiel jenem der politischen Korrektheit. Eine von ihnen wählt Ayse als Putzfrau, eine Frau mit Kopftuch, "damit man so jemanden auch mal genauer kennenlernt." Aber selbst Gute-Laune-Badekugeln helfen nicht gegen die Schlechtheiten der Dritten Welt. Oder: Aus dem bürgerlichen Schwiegermuttertraum (formidabel trotz Erkrankung: Clemens Matzka) wird beim Wochenende ohne Gattin ein Saubartelrebell, der seinen Körperöffnungen frönt und Holzfällersteaks verschlingt.

Eine andere Beziehung, in der "die Nächte, die groß waren, nicht mehr funktionieren", aber die Rosentapete und die Kacheln schon, ist ebenso zwiegespalten. Monika Pallua und Petra Strasser (sehr spielfreudig) mimen die inneren Pro-/Contra-Stimmen des Schlussmachens, die Alternative der schmuddeligen Singlewohnung macht den Partner jedoch erträglicher.

In der Inszenierung von Christine Wipplinger werden nach und nach Jalousien hochgezogen und der Bodenbelag entfernt, sodass das vormals weiße Bühnenbild nun mit Rosentapeten verziert ist. Am Schluss macht das Rosenblütenmassaker auch nicht vor den Darstellern Halt, Kleidung und Tapete (Bühne/Kostüm: Andrea Bernd) vermengen sich. Eine vergnügliche und kritische Wohnungsbesichtigung, die zeigt, dass es bei Mensch und Möbel noch einiges zu renovieren gibt. (mak, DER STANDARD, 23.5.2012)