Wien - Das für die Erstellung der Zentralmaturaaufgaben verantwortliche Bundesinstitut für Bildungsforschung (Bifie) hat sich am Freitag in einer Aussendung gegen Kritik des Mathematik-Didaktikers Werner Peschek an den Mathematik-Klausuren (derStandard.at berichtete) gewehrt: Ziel der Feldtestungen sei es, "die Angemessenheit des Schwierigkeitsgrads für die gesamte betroffene Schülerschaft auszuloten" und nicht gezielt Aufgaben eines Niveaus auszuwählen, das eine überwiegende Mehrheit der Schüler bewältigen kann.

Mit Hilfe der Feldtestungen wolle das Bifie Prüfungspakete zusammenzustellen, "die durchschnittlich begabten Schülerinnen und Schülern, die redlich gearbeitet haben, die positive Bewältigung der Prüfung ermöglichen" und gleichzeitig das gesamte Leistungsspektrum abdecken. Außerdem solle sichergestellt werden, dass jede Aufgabe verständlich formuliert und der Schwierigkeitsgrad über die Jahre vergleichbar ist.

Niedrigeres Anforderungsniveau

Peschek war mit seiner Forschergruppe an der Uni Klagenfurt für den Schulversuch zur Mathe-Klausur zuständig. Er hatte davor gewarnt, dass das Anforderungsniveau bei den Klausuren verringert werden könnte, damit der politisch vorgegeben Starttermin 2014 an den AHS - trotz des seiner Meinung nach zu knappen Zeitplans - eingehalten werden kann. Als Hintergrund seiner Befürchtung nannte er, dass für das Bifie die Lösungshäufigkeit ein Kriterium bei der Zusammenstellung der Klausuraufgaben ist. Das würde jedoch zu einer Einzementierung des Ist-Zustands führen statt einer Verbesserung des Mathematikunterrichts hin zu mehr Verständnis statt Auswendiglernen.

Das Bifie verteidigte indes sein Konzept: Gerade das empirische Modell, bei dem die von speziell geschulten Lehrern mit Unterstützung von Fachwissenschaftern und Testpsychologen entwickelten Aufgaben im Feld getestet werden, habe einen "dynamischen Charakter": "Es erlaubt zunehmend, auch in den Abschlussprüfungen auf die Stärken und Schwächen des Unterrichts einzugehen und damit steuernd zu wirken."

Keine Übergangslösung

Einen Korb bekommt Peschek vom Bifie für seinen Vorschlag für eine Übergangslösung: Dadurch könne das ursprünglich geplante Niveau gehalten werden, ohne dass die Schüler im Falle mangelnder Vorbereitung die Leidtragenden wären. Sein Modell sieht vor, in Klassen mit besonders vielen "Nicht Genügend" den Beurteilungsmaßstab so abzusenken, dass maximal 30 Prozent der Schüler negativ abschneiden. "Dies würde den Zielen standardisierter Prüfungen, Vergleichbarkeit und Fairness zu garantieren und verlässliche Aussagen über die tatsächlich erworbenen Kompetenzen zu treffen, eklatant widersprechen, ja einer Manipulation und Täuschung künftiger Arbeitgeber und tertiärer Bildungsinstitutionen gleichkommen", meinte das Bifie.

FPÖ für Verschiebung

Die FPÖ sah unterdessen durch Pescheks Kritik ihre "schlimmsten Befürchtungen" bewahrheitet, "dass die Zentralmatura ohne begleitende strikte Bildungsstandards zu einer Nivellierung des Bildungsniveaus nach unten führen wird". Bildungssprecher Walter Rosenkranz forderte deshalb eine sofortige zeitliche Verschiebung des Zentralmatura-Starttermins. Die Bundesschülervertretung hat am Freitagnachmittag dazu eingeladen, auf einer "Klagetafel" vor dem Unterrichtsministerium alle Sorgen und Ängste bei der Vorbereitung der Zentralmatura aufzuschreiben.

Die 2014 an den AHS und ab 2015 an den berufsbildenden höheren Schulen (BHS) startende standardisierte Reifeprüfung besteht aus drei voneinander unabhängigen Säulen: Zentral ist die Klausur, bei der alle Schüler Österreichs am selben Tag in Deutsch, Mathematik und Fremdsprachen zentral vorgegebene Aufgaben lösen, die vom Lehrer nach einem vorgegebenen Schlüssel bewertet werden. Außerdem muss jeder Schüler eigenständig außerhalb der Unterrichtszeit eine vorwissenschaftliche Arbeit (an den BHS: Diplomarbeit) erstellen und präsentieren. Bei der mündlichen Prüfung können die Schulstandorte eigene Schwerpunkte setzen: Die Lehrer eines Faches einigen sich dabei auf einen Themenpool, aus dem die Prüflinge ihre Aufgabe ziehen. (APA, 1.6.2012)