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Ortet eine "Treibjagd der Medien" auf Graf: HC Strache

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Martin Graf lässt am Parteitag Folder verteilen, um seine Unschuld zu beteuern.

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Wien - In imperialem Ambiente fand am Sonntag der 33. Landesparteitag der Wiener FPÖ in der Hofburg statt, bei der sich Heinz-Christian Strache der Wiederwahl als Landesparteiobmann stellte. 99,21 Prozent wählten Strache erneut. Vor zwei Jahren waren es 99,12 Prozent gewesen.

Konkret entfielen diesmal 378 von 381 abgegebenen Stimmen auf den neuen alten Parteichef. Drei Stimmen waren ungültig. Sein bisher bestes Obmann-Ergebnis erreichte Strache 2008 mit 99,32 Prozent. Strache führt seit 2004 die Rathaus-Blauen an.

"Treibjagd"

Der Landesobmann stärkte in seiner Rede dem Dritten Nationalratspräsidenten Martin Graf den Rücken. In seiner rund eineinhalbstündigen Ansprache verurteilte Strache die "mediale Vorverurteilung" und konstatierte: "Es ist eine Treibjagd, die wir erleben mussten." Ausführlich ging Strache vor allem auf den Vorwurf ein, Graf habe fälschlicherweise als Rechtsanwalt bei zwei Nationalratswahlen kandidiert.

Fehler "nicht verifizierbar"

Laut Strache hat Graf jedoch keine falschen Angaben gemacht: "Wir haben am Wochenende alle Akten und Unterlagen durchsucht. Und natürlich sind wir fündig geworden." Aufgetaucht sind laut Strache nämlich die betreffenden Kandidatenformulare. Graf habe sich korrekt als Rechtsanwaltsanwärter bezeichnet. Wo der Fehler dann passiert sei, bei den Behörden oder wo anders, sei nicht mehr verifizierbar.

Es werde versucht, jemanden einen Strick zu drehen, es gebe eine Vorverurteilung: "Da muss man ja auch einmal an die Moral der Journalisten appellieren."

Diese sollten sich zum Beispiel einmal die Frage stellen, was SP-Bundeskanzler Werner Faymann von 1978 bis 1985 getan habe. "Diese sieben Jahre sind in seiner Biografie nicht vorhanden", staunte der FP-Chef. 1985 sei Faymann plötzlich als Konsulent in der Zentralsparkasse aufgetaucht. Dieses "heiße Eisen" würde jedoch nicht aufgegriffen.

"Korrekt gehandelt"

"In der freiheitlichen Partei haben wir höchste Standards", versicherte Strache. Und er bekräftigte wiederholt, dass er bei jedem, der sich etwas zuschulden kommen lasse, sofort durchgreife. "Aber Martin Graf hat, so weit ich es überprüfen konnte, korrekt gehandelt", berichtete der blaue Parteiobmann.

Strache rief auch dazu auf, zu warten, bis in der Frage der Gertrud-Meschar-Stiftung ein Gerichtsurteil vorliege. Und er befand: "Ich denke, dass Martin Graf, wenn er noch einmal in die Situation kommen würde, viele Dinge anders machen würde, um gar nicht erst den politischen Gegnern die Fläche zu geben, um diffamierend vorgehen zu können."

Schon vor Beginn der Veranstaltung war jedenfalls die Causa Martin Graf Thema bei der Veranstaltung. Der Dritte Nationalratspräsident hatte im Saal eine schriftliche Stellungnahme mit dem Titel "Medienkampagne gegen Martin Graf. Vorwürfe und Fakten" verteilen lassen.

"Nur Meschars Wunsch nachgekommen"

Graf geht darin zunächst auf die Berichte ein, wonach er sich fälschlicherweise als Rechtsanwalt bezeichnet haben soll: Diese Bezeichnung sei, so versichert er, auf einen Fehler zurückzuführen, der nicht von ihm ausgegangen sei. Er habe seinen Beruf stets korrekt als "Rechtsanwaltsanwärter" angegeben, nämlich sowohl auf der Zustimmungserklärung als auch auf jedem Lebenslauf.

Detailreich geht Graf auf die Stiftung Meschar ein, etwa auf den Vorwurf, er habe die Pensionistin überredet, eine Stiftung zu gründen. Tatsächlich sei sie mit dem ausdrücklichen Wunsch auf Graf zugekommen, dies zu tun, heißt es." Das Vermögen von rund einer Million Euro sei keineswegs zu klein für eine Stiftung gewesen, zeigt sich Graf in dem Papier überzeugt.

Graf: Keine Erbschleicherei

Dass die Vorstände "Erbschleicherei" betreiben würden, sei jedenfalls falsch, heißt es weiter. Die Erträge des Vermögens würden in den Tierschutz und in die Forschung fließen. Kein Vorstand könne sich daraus bereichern. Eine rechtliche Möglichkeit, Frau Meschar ihr Vermögen einfach zurückzugeben, gebe es jedoch nicht: "Das ist das Wesen einer Stiftung."

Was den Vorwurf, Graf habe sich auf Wahlzetteln fälschlicherweise "Rechtsanwalt" genannt, betrifft, reagierte die FPÖ am Sonntag mit der Veröffentlichung eines internen "Kandidatenformular" für die Nationalratswahl 1994: Hier ist die Berufsbezeichnung Grafs korrekt mit "Rechtsanwaltsanwärter" angegeben. Strache sieht die Vorwürfe damit entkräftet. Allerdings: In den Presseaussendungen, mit der die Partei die Wiener Kandidatenlisten verkündete, wurde Graf sowohl 1994 als auch 1999 als "Rechtsanwalt" geführt. Ebenso in der amtlichen Kandidatenliste für die Wahlen.

"Rechtsanwalt"

Das am Sonntag von der FPÖ veröffentlichte "Kandidatenformular" ist mit 27. Juni 1994 datiert, lautet auf Dr. Martin Graf und führt als Beruf korrekt "Rechtsanwaltsanwärter" an. Fünf Tage vorher hatte die Wiener FPÖ ihre Kandidatenliste für die Nationalratswahl via Presseaussendung verbreitet und da schien Graf sehr wohl als "Rechtsanwalt" auf, obwohl er die Rechtsanwaltsprüfung bis heute nicht absolviert hat.

Und auch bei der Veröffentlichung der Wiener Landesliste für die Nationalratswahl 1999 findet sich unter Grafs Namen die Berufsbezeichnung "Abgeordneter zum Nationalrat, Rechtsanwalt" (siehe Bild links). Detail am Rande: Diese Aussendung wurde von der FPÖ zwar nachträglich richtiggestellt, korrigiert wurde allerdings nur Grafs Vorname - und zwar von "Michael" auf "Martin". Auch in der Kandidatenliste des Innenministeriums scheint Graf als Rechtsanwalt auf.

Grafs Pressesprecher sagte am Sonntag auf APA-Anfrage, die falschen Angaben in den Presseaussendungen könnten wohl nur auf einem "Irrtum" basieren. Graf selbst hat davon nach Angaben seines Sprechers bis vor kurzem nichts gewusst: "Er hat zum ersten Mal gehört, dass er da als Rechtsanwalt aufgeschienen ist."

Graf weiter im Wiener Vorstand

Ungeachtet der derzeitigen Vorwürfe ist der Dritte Nationalratspräsident Martin Graf am Sonntag als Mitglied des zwölfköpfigen Parteivorstands der Wiener FPÖ bestätigt worden. Er wurde von den rund 400 Delegierten am Landesparteitag wiedergewählt. Ein Wahlergebnis im Sinne einer Prozentzahl liegt allerdings nicht vor. Denn die Abstimmung erfolgte - abgesehen von der Wahl Straches zum Obmann - "en bloc". Gewählt wurde nicht einzeln, sondern das gesamte Team.

Dies war bei den Obmann-Stellvertretern der Fall und auch bei der Wahl der einfachen Mitglieder - darunter Martin Graf. Es wurde in einer offenen, also nicht geheimen Abstimmung jeweils um Zustimmung geworben. Mit Erfolg: Bei der Abstimmung zu den einfachen Vorstandsmitgliedern gab es lediglich eine Gegenstimme.

Neben Graf sitzen Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Dietrich Kops, Dietbert Kowarik, Dominik Nepp, Wolfgang Seidl und Harald Vilimsky als einfache Mitglieder im Landesparteivorstand. Graf selbst ist seit 2003 in diesem Gremium vertreten.

Gewählt wurden heute auch die vier Stellvertreter von Landesparteiobmann Heinz-Christian Strache. Dabei rückte Klubobmann Johann Gudenus in die vierköpfige Vize-Riege auf. Er löste Johann Herzog, den Zweiten Wiener Landtagspräsidenten, ab. Gudenus teilt sich die zweite Reihe der Parteiführung mit Veronika Matiasek, Eduard Schock und Harald Stefan. (APA, 10.6.2012)