Klinkenputzen unter notorisch Verliebten: Schnitzlers "Reigen" am Landestheater in Bregenz.

Foto: Anja Köhler

Bregenz - Die Bregenzer Villa Raczynski am Marienberg wurde am Freitagabend vom Vorarlberger Landestheater zum Liebeskarussell umfunktioniert - und zwar für die Premiere von Arthur Schnitzlers Stück "Reigen". Garten und viele Räume der herrlichen Schlossvilla wurden dabei bespielt. Das einst skandalisierte Stück rund um Sexualität und Leidenschaft wurde damals verboten; die Nachkommen Arthur Schnitzlers hielten das Aufführungsverbot sogar bis 1982 aufrecht.

Zehn Personen treffen im "Reigen" aufeinander und bilden zehnmal verschiedene Paare. Dieser Paar-Reigen geht quer durch alle Gesellschaftsschichten und wird zum erotischen Ringelspiel - er beginnt und endet auf der Straße bei der Dirne.

Vereinsamung

In Zeiten sexueller Reizüberflutung fällt die Skandalkomponente weg, und der eigentliche Kern des Stückes kommt zum Vorschein: die Vereinsamung mitten in der Gesellschaft und egoistisches Begehren.

Der Schauplatz der Villa Raczynski ist aufgrund des historischen Flairs für eine Inszenierung des "Reigen" ideal. Spielt das Stück doch in der Zeit um die vorige Jahrhundertwende.

In der Regie von Bernadette Sonnenbichler wird das Stück zum ausgefeilten Stationentheater. Dabei wird den Schauspielern, insbesondere die Ausdauer betreffend, viel abverlangt, da sie des Öfteren zwei Vorstellungen in Folge geben müssen. Eine Herausforderung, die die zehn Schauspieler und Schauspielerinnen hervorragend meistern.

Theater im Schlafzimmer

Auch die Zuschauer werden in den Reigen eingebunden und erleben das Stationentheater aufgeteilt in fünf kleine Gruppen. So ist es möglich, Theater in intimsten Räumen - etwa in einem Schlafzimmer - zu erleben. Dieses ungewöhnliche Konzept ging ganz auf.    (Raffaela Rudigier, DER STANDARD, 13.6.2012)