Nahe an der Verfilmung von Sir Richard Attenborough: "A Chorus Line" in Stockerau.

Foto: Nathalie Bauer

Als furchtloser Kulturreporter wird man des Sommers gern auf Außeneinsatz geschickt, zum Beispiel nach Stockerau. Das ist gut so. Zum einen kann man sich hier im Publikum mit (sozialdemokratischen) Teilen der Bundesregierung und des Nationalratspräsidiums gemein machen, zum anderen den Bundespräsidenten betrachten, wie er den Intendanten nach gelungener Premiere umarmt.

Als Heinz Fischer Alfons Haider herzt, mischen sich Glück und Wehmut im Blick des Letzteren. Nach 15 Jahren und mehr als 200.000 Besuchern scheidet Haider aus Stockerau. Der letzte Tanz seiner Intendanz erfolgt zu den wundervollen Klängen Marvin Hamlischs: A Chorus Line wird gegeben, eines der besten Hüpf- und Singspiele ever. Mitzi Hamilton, A Chorus Line-Urgestein, inszenierte und choreografierte das Musical, zum 39. oder zum 50. Mal, hierüber sind sich Haider und das Programmheft uneins.

Abgesehen von zwei Nummern und einigen Kleinigkeiten ist fast alles so wie in Sir Richard Attenboroughs Verfilmung des Werks, sogar die Farbe der Garderobe der 16 Casting-Kandidaten. Gesungen und getanzt wird zur Musik aus dem Computer (musikalische Leitung: Michael Schnack), größtenteils souverän, manchmal auch so toll, dass es einen umhaut: Nina Tatzber als Diana (Morales) und Sabrina Harper als Cassie sind hierfür hauptverantwortlich. Ines Hengl-Pirker hat Sheilas Zeitlupenbewegungen sehr gut drauf und ist darüber hinaus das wahrscheinlich schönste weibliche Wesen der Welt.

Fast schon eine Verschwendung: Martin Niedermair in der (eher kleinen) Rolle des Greg, sehr charmant Andrea Casati als Mike, überirdisch charmant Morten Daugaard als Mark. Haider bringt eisernen Charme in die Rolle des Zach ein.

Wie immer bei sehr gut gespielten sehr guten Musicals hat das Ganze eine enorm stimmungsaufhellende Wirkung. Schauen Sie sich das an. (end, DER STANDARD, 11.7.2012)