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Frank Stronach könnte FPÖ und BZÖ Stimmen wegnehmen, sagen Politologen.

Foto: APA/dpa/Rolf Vennenbernd

Wien - Die FPÖ sieht in der Parteigründung Frank Stronachs keine Gefährdung der eigenen Wahlchancen. Generalsekretär Herbert Kickl verweist darauf, dass neuen Gruppierungen regelmäßig "überdimensionale Erfolgspotenziale für Wahlen" vorausgesagt würden. Er glaubt, dass die Wähler weiterhin zum "Schmied" FPÖ und nicht zum "Schmiedl" Stronach gehen werden. Auch beim BZÖ zeigte man sich auf APA-Anfrage "gelassen".

Dass Stronach wie auch die FPÖ auf ein europaskeptisches Wählersegment abzielt, beunruhigt Kickl nach eigenen Angaben nicht. Man werde das unter Parteichef Heinz-Christian Strache gefundene Profil weiterentwickeln und schärfen: "Wir sind mit unserem HC Strache gut aufgestellt. Wir haben eine Offensivstrategie, die wir weiter durchziehen." Die FPÖ habe einen "langen Atem", während sich Stronachs Engagement rasch als "Strohfeuer" entpuppen könne: "Bei Frank Stronach weiß man ja nicht, ob das in zwei Monaten noch Gültigkeit hat."

Signal für "Anlaufschwierigkeiten"

Überrascht ist Kickl, dass Stronach nun doch selbst als Spitzenkandidat antritt. Der FP-Manager wertet das als Signal für "Anlaufschwierigkeiten", weil es offenbar nicht gelungen sei, einen geeigneten Frontmann zu finden. Außerdem glaubt Kickl, dass Stronachs "Goldene Regel" - wer das Gold hat, macht die Regeln - vom Wähler abgelehnt werde. Das laufe auf "eine Politik, die man kaufen kann" hinaus. Schon in seiner Zeit bei Magna habe Stronach versucht, "abgetakelte Altpolitiker" zu engagieren und so ein umfassendes Lobbyistennetzwerk aufzubauen.

Gegen Euro-Austritt

Kritik übt Kickl an Stronachs Forderung nach einem raschen Euro-Austritt. "Der Austritt an sich löst kein Problem", betont der FP-Generalsekretär. Österreich müsste in so einem Fall nämlich auf sich alleine gestellt zurechtkommen. Daher gehe es darum, eine stabile Hartwährungszone mit mehreren EU-Ländern zu schaffen. Auch die Erfolgsgeschichte des Schillings sei schließlich nur im Verbund mit anderen Hartwährungsländern wie Deutschland und den Niederlanden möglich gewesen. Hier scheint es innerhalb der FPÖ unterschiedliche Meinungen zu geben. Generalssektretär Harald Vilimsky sagte im Interview mit derStandard.at, dass die Rückkehr zum Schilling eine Option sei.

Beim BZÖ zeigte man sich "gelassen" über Stronachs angekündigte Parteigründung. "Frank Stronach hat eine sehr gute Vergangenheit, das BZÖ eine sehr gute Zukunft", sagte ein Parteisprecher am Montag. 

LIF verweigerte Zusammenarbeit

Frank Stronach hat vor seiner Ankündigung, eine eigene Partei zu gründen, auch mit dem Liberalen Forum (LIF) über eine Kooperation gesprochen. "Es gab Gespräche", bestätigt der stellvertretende Bundessprecher Michael Pock gegenüber der APA - und zwar schon im Frühjahr. "Er wollte eine Partei finden, um nicht die Strukturen aufbauen zu müssen", sagt Pock über das Anliegen des Millionärs. Gescheitert seien die Gespräche letztlich am Thema Europa.

Stronach zielt auf ein EU-kritisches Wählersegment und plädiert für den raschen Austritt Österreichs aus der Eurozone. Daher ist es zu Gesprächen über eine gemeinsame Wahlplattform mit Stronach laut Pock nicht gekommen. "So weit waren wir gar nicht", so Pock. Man habe ein erstes Kennenlernen absolviert, die Positionen abgesteckt und sei dann wieder auseinandergegangen. Bei Wirtschafts- und Verwaltungsreform habe man nämlich übereingestimmt, nicht aber dem Europa-Thema.

Stimmen von FPÖ und BZÖ

Politologen sehen unterdessen große Chancen, dass Stronach es mit seiner Partei durchaus in den Nationalrat schaffen könnte. Das sagten der Meinungsforscher Peter Hajek und der Politologe Thomas Hofer. Stronach würde dabei vor allem der FPÖ und dem BZÖ Stimmen abjagen, schätzen bei Politexperten. Mit seinen Positionen "raus aus dem Euro, rein in den Schilling" und die "EU ist böse" würde Stronach vor allem den Rechtsparteien schaden, sagte Hofer. Da er sich weniger als Wirtschaftsexperte positioniert habe, halte sich der Schaden für die ÖVP dagegen bisher in Grenzen.

Die SPÖ und die Grünen können einem Antreten Stronachs gelassener entgegensehen, auch mit den Piraten gebe es wenig Schnittmenge, meinte auch Hajek. Bei den Nichtwählern sieht Hajek ebenfalls kein großes Potenzial für neue Parteien. Nichtswähler, die schon zwei oder drei Mal nicht zur Urne gegangen sind, würden nur bei echten Richtungsentscheidungen dorthin zurückkehren. "Dass Stronach und die Piraten eine große Hebung der Wahlbeteiligung bewirken, glaube ich nicht", so Hajek.

Chancen bei Nichtwählern

Hofer schätzt die Chancen Stronachs bei den Nichtwählern dagegen größer ein. Der Austrokanadier hätte prinzipiell ein "sehr großes Potenzial". Es sei jetzt aber noch schwer zu sagen, wie viel davon er abschöpfen könne. Mit dem von Stronach angekündigten Wahlkampfbudget von über 20 Mio. Euro sei ein Einzug in den Nationalrat jedenfalls schaffbar. Stronach habe die nötige Bekanntheit und die nötigen finanziellen Möglichkeiten für eine gute Kampagne, meinte auch Hajek.

Stronach habe aber auch Schwachpunkte, so Hofer. Dazu zählen seine teils "extremen Positionen" und seine Steuerveranlagung - der Industrielle soll den Großteil seines Vermögens steuerschonend im Schweizerischen Zug veranlagt haben. Zudem habe er den Nachteil, als Nicht-Parlamentspartei an den großen TV-Diskussionen nicht teilnehmen zu können. Angesichts seiner bisherigen TV-Auftritte könnte das aber auch ein Vorteil sein, so Hofer. Denn ein gewisser "Peinlichkeitsfaktor" sei gegeben.

Kernthema fehlt

Hajek ortet dagegen eine andere Hauptschwäche: Für den Meinungsforscher sind Stronachs bisherige Positionen zu allgemein und austauschbar. Eine Reform des Steuersystems und der Sozialversicherungen seien Dinge, die Jörg Haider schon in den 90er Jahren gefordert habe. Stronach hebe sich inhaltlich nicht ab. "Er braucht ein Kernthema, mit dem er sich klar und deutlich von den Mitbewerbern abhebt, sonst ist er austauschbar", so Hajek.

Einig sind sich die Experten darüber, dass ein Einzug Stronachs in den Nationalrat die Koalitionsbildung erschweren würde. Jede zusätzliche Partei mache eine Regierungsbildung schwieriger, weil es dann für eine Mehrheit womöglich mehr als nur zwei Parteien braucht. Zudem sei es der Magna-Gründer gewohnt, Dinge selbst zu entscheiden und das könnte zu Kommunikationsschwierigkeiten in einer etwaigen Regierung führen, so Hajek.

Dreierkoalition

Wenn Stronach in den Nationalrat einzieht, werde die Wahrscheinlichkeit für eine Dreier-Koalition größer. Wenn er dabei das BZÖ nicht rauskippt, sondern die Orangen die Vier-Prozent-Hürde erneut schaffen, "wird eine Dreier-Koalition fast unausweichlich", meinte Hofer.Ex-

Klubofrau der steirischen FPÖ  ist "im Gespräch" 

Mit Stronach im Gespräch ist die frühere FPÖ-Klubobfrau im steirischen Landtag Waltraud Dietrich. Die seit 2006 parteilose Land- und Forstwirtin sowie Seminartrainerin meinte am Montag, sie sei kontaktiert worden und habe große Wertschätzung für die Person des austro-kanadischen Unternehmers. "Es ist nichts definitiv, es gibt ja noch keine Kandidatenlisten und keine Infrastruktur".

Ihr gehe es nicht um ihre Person und welche Rolle sie in der neuen Partei spielen könnte, sondern darum, eine "faszinierende Person" zu unterstützen, "die in einer Zeit, in der so viel im Unsauberen liegt, nicht selbst profitieren will", sagte Dietrich. Gespräche würden derzeit mit sehr vielen Persönlichkeiten quer durch alle Parteien geführt. Andere ehemalige steirische Spitzenpolitiker, die immer wieder in Zusammenhang mit der Stronach-Partei genannt werden, winkten hingegen ab: Die Ex-ÖVP-Landesräte Herbert Paierl und Gerhard Hirschmann reagierten laut ORF Steiermark mit "no comment" bzw. mit dem Hinweis, dass es diesbezüglich keine Gespräche gegeben habe, der frühere Bauernbund-Obmann Fritz Grillitsch sprach von einem "Sommertheater" und meinte, alles sei "völlig aus der Luft gegriffen." (APA, 13.8.2012)