Salzburg - Irgendwie hat man es fast verdrängt, in Salzburg wurde man indes daran erinnert - Thomas Quasthoff singt tatsächlich nicht mehr. Im Jänner hatte er dies - begleitet von bedauernder internationaler Verwunderung - zur Kenntnis gebracht, worauf einige Absagen folgten. Da er jedoch weiterhin als Erzähler bühnenpräsent bleiben wollte, ergab sich für seinen Salzburger Liederabend eine schöne Möglichkeit, die Quasthoff auch nicht ganz fremd war.

Vor ein paar Jahren hatte er Johannes Brahms' Romanzen op. 33 (aus der Erzählung Liebesgeschichte der schönen Magelone ... von Ludwig Tieck) selbst gesungen. War seinerzeit Mezzosopranistin Brigitte Fassbaender als zwischen den Liedern die Geschichte vorantreibende Erzählerin zugegen, so setzte sich im Haus für Mozart nun Quasthoff hinter ein Tischchen, um Bariton Michael Volle erzählend zu unterstützen.

Das Bedauern über den Verlust des Sängers Quasthoff wird natürlich bleiben, der Erzähler Quasthoff kann ihn nicht ersetzen. Allerdings: Wie er etwa in die Rolle der edlen Magelone schlüpft, ihren schwärmerischen Tonfall (den Grafen Peter von Provence betreffend) mit etwas Ironie würzte - das hatte charmant-witzige Unmittelbarkeit. Überhaupt hatte der Abend nichts von einer Notmaßnahme: Wie sich Lieder und Erzählung verzahnten, ineinanderfließend übergingen oder wie Quasthoff mit einer wohlgesetzten Kunstpause das zuvor Besungene nachwirken ließ, das zeugte von durchdachter Dramaturgie.

Wobei: Bariton Michael Volle versteht es besonders an expressiven Stellen, also bei Liedern wie Sind es Schmerzen, sind es Freuden oder So willst du des Armen, seinen kultivierten Sound auch ausdrucksmäßig prachtvoll einzusetzen. Dort, wo besondere Diskretheit und Intimität zu erwecken wäre, bliebt sein Vortrag etwas buchstabierend und verhalten im Sinne der lyrischen Nuance. Ja, und Pianist Helmut Deutsch war dem Ganzen ein verlässlicher Begleiter, der auf unexzentrische Klarheit Wert legte.

Quasthoff und Volle sind übrigens am 1. September bei der Schubertiade Schwarzenberg mit ebendiesem Programm zu hören. Dort also, wo der Erzähler auch einen Sängermeisterkurs gibt. (Ljubiša Tošic/DER STANDARD, 20. 8. 2012)