Würden wir heute zu BH-Verbrennungen aufrufen, bräuchten wir außer Zündhölzern wohl auch Brandbeschleuniger und Gasmasken. Anders wären diese Dinger aus Drähten, Pölstern und Plastik ohne gesundheitliche Folgeschäden wohl nicht zunichtezumachen. Denn die aktuellen Modelle sind alles andere als unkomplizierte, leichte Baumwollteile, die - dank einer intensiven BH-Forschung - an Tragekomfort nicht mehr zu überbieten sind.

Das Gegenteil ist der Fall, und so gehören etwa die in die Körbchen eingenähten Pölster mittlerweile zum Standard. Fragt eine in einem Wäschegeschäft nach einem Modell ohne Pölster und auch ohne Drähte, wird das mit einem Blick quittiert, der erst zur Oberweite wandert, dann wieder zurück auf Augenhöhe, um so der Kundin nonverbal zu vermitteln: So viel Selbstbewusstsein können sie sich eigentlich nicht leisten.

Keine Erholung in Sicht

Von Reduktion in Sachen Büstenhalter sind wir also weit entfernt, Erholung für den von Pölstern und Drähten gestressten Busen ist nicht in Sicht. 

Die Wäschemarke Palmers treibt nun den Trend zu quetschenden, piksenden und vor allem vergrößernden BHs nochmals ordentlich voran. "Weil mehr manchmal mehr ist", bewirbt Palmers seine neueste Innovation: einen BH für den BH. Über ihrem "Lieblings-BH" getragen, rät Palmers, zaubert das zusätzliche Bustier namens "Miracle up" ein "atemberaubendes" Dekolletee. Die Brust wird dank des BH-BHs nach oben gehievt und so zusammengedrückt, dass sich linke und rechte Brust aneinanderschmiegen. Wie zwei exakt gleich große Orangen ragen die Brüste von den Palmers-Plakaten oder aus den Schaufenstern. Das Produkt wird mit Fotos, die nur den Ausschnitt eines "Miracle up"-Dekolletees zeigen, beworben. Wen interessiert schon der Rest - Hauptsache, der Busen stimmt, soll heißen: ist groß.

Doch auch mit Tragekomfort wird argumentiert: Das Bustier sei "unspürbar" und "außergewöhnlich angenehm", obwohl Bequemlichkeit wohl das Letzte ist, was einer bei Betrachtung der Sujets einfällt.

Palmers, gewohnt sexistisch

Es wird also auch in Zukunft nicht leicht für den Busen werden. Nun soll er auch noch mit verdoppeltem Instrumentarium in Form gezwungen und zur Schau gestellt werden. Eine saure Zitrone für dieses Produkt samt der von Palmers bereits gewohnten sexistischen Werbung. (Beate Hausbichler, dieStandard.at, 28.8.2012)