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Neue Vorwürfe von Meschars Rechtsanwalt gegen Martin Graf: "Die Vorstände haben nicht dafür gesorgt, dass es Bilanzen gibt - sie haben sich sicher gefühlt, dass ihnen eh niemand draufkommt."

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Gertrud Meschar und ihr Anwalt Georg Zanger bei einer Pressekonferenz am Donnerstag.

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Neue Vorwürfe gegen den Dritten Nationalratspräsidenten Martin Graf (FPÖ) erhebt Georg Zanger, der neue Anwalt von Stifterin Gertrud Meschar. Die 90-jährige Frau hatte Graf vorgeworfen, sie überrumpelt und ihr den Zugriff auf ihr Vermögen entzogen zu haben, indem er sie zu einem Stiftungsvertrag mit Knebelbestimmungen überredete. Der Fall wird derzeit gerichtlich geprüft. Gegen Graf wird wegen Verdachts auf schweren Betrug ermittelt (derStandard.at berichtete). 

Nun sind neue Kritikpunkte ans Licht gekommen. Rechtsanwalt Zanger spricht von einer "extrem schlampigen" Buchhaltung und ist überzeugt, dass die Bilanzen der Stiftung niemals den Prüfstempel eines Wirtschaftsprüfers bekommen hätten dürfen. "Die Vorstände handelten so, als wäre es ihr eigenes Geld", so Meschars Anwalt.

Belege fehlen

Der Grund: Im Rechnungswesen der Stiftung finden sich Buchungen ohne dazugehörige Belege. Manche Belege seien zwar vorhanden, aber doppelt verbucht worden - und in wieder anderen Fällen habe man ein und denselben Geldbetrag mehrmals unter unterschiedlichen Posten verbucht. Dazu kommt, dass die Belege ungeordnet, nicht nummeriert, teilweise nicht datiert seien - eine Prüfung, ob hier alles rechtmäßig verbucht worden ist, sei also schlicht unmöglich.

Prüfstempel "nichtig"

Trotzdem wurden die Bilanzen der Meschar-Stiftung regelmäßig von der Wirtschaftsprüfungsfirma Interrevision abgesegnet. Wie berichtet kann von einer kritischen Prüfung hier nicht wirklich die Rede sein: Jener Steuerberater der Firma PWK, der die Bilanzen erstellte, ist nämlich Co-Geschäftsführer der Interrevision. Das Unternehmen begutachtete quasi die eigene Arbeit. Und noch mehr: Steuerberatungsfirma (PWK) und Wirtschaftsprüfungs-Unternehmen (Interrevision) hätten mit derselben Software-Lizenz gearbeitet, sagt Zanger. Stiftungsunterlagen, die derStandard.at vorliegen, belegen, dass beide Firmen für Geschäftsvorgänge rund um die Meschar-Stiftung intern dieselbe Geschäftszahl verwendeten. De facto gebe es also keine Jahresabschlüsse für die Jahre 2006 bis 2009, meint Zanger - denn das Testat der Interrevision sei als nichtig anzusehen.

"Allein das wäre schon ein ausreichender Grund, um die Stiftungsvorstände abzuberufen", meint Zanger. "Die Vorstände haben nicht dafür gesorgt, dass es Bilanzen gibt - sie haben sich sicher gefühlt, dass ihnen eh niemand draufkommt." Die Geschäftsführung der Interrevision war bis dato zu keiner Stellungnahme gegenüber derStandard.at bereit. 

Einblicke, die derStandard.at in das Rechnungswesen der Meschar-Stiftung gewinnen konnte, werfen einige Fragen auf. So wurde der Jahresabschluss des Jahres 2006 gleich dreimal erstellt - einmal vom Wirtschaftsprüfer Interrevision. Ein und derselbe Geldbetrag wird hier unterschiedlichen Posten zugeordnet - im ersten Entwurf ist von Ausgaben für "Fachliteratur" die Rede, im zweiten von "sonstiger Beratung", in der dritten Version hingegen von "Rechtsberatung". Zanger hegt den Verdacht, dass die dazugehörigen Belege nachträglich ausgetauscht wurden - auch dies wird nun vom gerichtlich bestellten Prüfer nochmals zu klären sein.

Doppelbuchungen

Anderen Buchungen stünden wiederum keine oder nur unzureichend belegte Leistungen gegenüber: Teils fehlten die Originalbelege, teils sei von der Stiftung erworbenes Vermögen nicht auffindbar, meint Zanger. Der Anwalt erwägt nun eine Finanzstrafanzeige gegen die Stiftungsvorstände - um festzustellen, ob die fehlenden Originalbelege möglicherweise in die Buchhaltung anderer Unternehmen eingegangen, bestimmte Vorgänge also doppelt verbucht worden sind.

Das alles hätte dem vom Gericht mit einem Gutachten beauftragten Prüfer eigentlich auffallen müssen, meint Zanger. Das Gutachten, das derStandard.at vorliegt, geht auf die Kritikpunkte Meschars jedoch nur oberflächlich ein. Zum Vorwurf der Befangenheit gegenüber der Interrevision heißt es hier: "Ob dem Stiftungsvorstand die mögliche Befangenheit des Stiftungsprüfers mitgeteilt wurde oder bekannt war, ist weder den Vorstandsprotokollen noch sonstigen Unterlagen der Stiftung zu entnehmen."

Der Prüfer sei "seinem Auftrag nicht nachgekommen", kritisiert Zanger. Das dürfte auch die zuständige Richterin am Handelsgericht so gesehen haben: Sie hat den Prüfer mit der Erstellung eines Ergänzungsgutachten beauftragt, um offene Fragen zu klären. Auch Zanger hat eine Reihe offener Fragen vorgelegt, die in einer neuen Stellungnahme des Prüfers nun geklärt werden sollen.

Meschar will Stiftungsauflösung

Getrude Meschar selbst sagte am Donnerstag im Ö1-"Mittagsjournal", sie wolle, dass die Stiftung aufgelöst wird, "damit ich über mein Geld, über meine Liegenschaften verfügen kann". Denn sie habe gedacht, "ich habe ein Mitspracherecht, und wenn ich etwas brauche, kriege ich's". Graf dagegen habe wohl mit ihrem hohen Alter spekuliert.

Schlecht beraten durch Graf fühlt sich Meschar auch in Details. So habe er einen Rasenmäher für sie angeschafft, aber: "Ich brauche ihn nicht. Da steht er jetzt, der Traktor." Auch den Heckenschnitt auf Stiftungskosten habe der Dritte Nationalratspräsident vorgeschlagen. (Maria Sterkl, derStandard.at, 6.9.2012)