Brüsse - Die in der EU-Kommission geplante europaweite Frauenquote in Aufsichtsräten stößt unter den Mitgliedstaaten auf heftigen Widerstand. Bei einem Treffen in Brüssel verständigten sich rund zehn Länder auf eine gemeinsame Kritik, wie am Mittwoch aus informierten Kreisen verlautete. Auch in der Kommission selbst ist der noch nicht offiziell verabschiedete Vorschlag von Justizkommissarin Viviane Reding umstritten.

Grad der Ablehnung unklar

Großbritannien hat Diplomatenkreisen zufolge die Initiative für einen Brief an die Kommission in die Hand genommen, um die Pläne zu Fall zu bringen. Der "Süddeutschen Zeitung" vom Mittwoch zufolge sind neben den Briten weitere neun Staaten gegen die Quoten - Bulgarien, Tschechien, Dänemark, Ungarn, Litauen, Malta, die Niederlande, Schweden und Slowenien. Zehn Länder könnten die Pläne zwar durch eine Sperrminorität kippen. Außer bei Großbritannien ist mehreren Quellen zufolge jedoch unklar, ob die Länder Redings Quotenpläne tatsächlich voll ablehnen.

Redings Pläne

Die Justizkommissarin will für die Zeit ab 2020 eine Quote von 40 Prozent des jeweils "unterrepräsentierten Geschlechts" in Aufsichtsräten gesetzlich verankern und so de facto Frauen in den Chefetagen Aufwind geben. Dabei sollen Frauen nur bei gleicher Eignung bevorzugt werden. Die Quote würde für große börsennotierte Unternehmen gelten - der Mittelstand wäre außen vor. Firmen mit Staatsbeteiligung sollten hingegen voran gehen und die Quote 2018 einführen.

Reding baut auf "offenen, demokratischen Prozess"

Auf den Widerstand reagierte Reding kämpferisch. "Glücklicherweise werden europäische Gesetze über solche Dinge nicht in Treffen hinter verschlossenen Türen von zehn Leuten in dunklen Anzügen gemacht, sondern in einem offenen demokratischen Prozess", erklärte sie. In ihrem Umfeld wird darauf hingewiesen, dass Reding auch die Deckelung der Roaming-Tarife durchgesetzt habe, die seinerzeit auf heftigen Gegenwind trafen. Die Preisgrenzen für das Handy-Telefonieren und drahtlose Internetsurfen im EU-Ausland gelten heute vielen als Beispiel einer verbraucherfreundlichen Politik aus Brüssel.

Weitere Positionen

In der Kommission selbst sieht dem Vernehmen nach unter anderen der deutsche Energiekommissar Günther Oettinger den Quotenvorschlag skeptisch. Das Kollegium muss den Vorschlag noch abstimmen. In Deutschland hat sich in der Vergangenheit Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) für gesetzliche Quoten stark gemacht. Frauenministerin Kristina Schröder (CDU) bekräftigte dagegen am Montag ihre Ablehnung der EU-Pläne für verbindliche Vorgaben.

Auch das EU-Parlament muss die Pläne billigen. Dort heißt die FDP-Politikerin Silvana Koch-Mehrin gemeinsam mit Fraktionskollegen Redings Vorstoß gut. Im Entwurf für einen Brief an EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso, der AFP vorlag, fordert die Liberale Barroso auf, "offen Frau Redings Vorschlag zu unterstützen". (APA, 5.9.2012)