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Katzenpisse ("pipi de chat") und Pferdeschweiß sind Begriffe, bei deren Nennung Weinkenner wissend ihr Haupt wiegen.

Foto: APA/Franziska Kraufmann

Wein zu beschreiben ist keine einfache Sache. Um jemandem zu vermitteln, wie denn ein bestimmter Wein geschmeckt hat, auf dass diese Menschen auch einen Nutzen für sich daraus ziehen, hat sich über die Zeit eine eigene Sprache entwickelt, die in den einschlägigen Kursen "Weinansprache" genannt wird und dort unterrichtet wird.

Es ist eine Art Fachsprache, in der von Buketts und Körpern die Rede ist, gut stützende Säure und charmante Abgänge gelobt und Tertiäraromen als balsamisch gepriesen werden. Die Vergleiche übersteigen oft jegliche Nachvollziehbarkeit. Wie Sternfrucht und Guave schmecken, gehört sicher nicht zum geschmacklichen Allgemeingut, zeigt vor allem, dass der Verkoster diese Früchte bereits probieren konnte. Zuweilen wird es auch hochpoetisch mit weißen Frühlingsblüten, frisch gemähten Wiesen und frisch geöffneten Zedernholzkisten. Oder auch kulinarisch, wenn ein Verkostender jede auch nur ansatzweise assoziierte Aromenspur aufzählt, was sich dann nach Obstsalat mit acht bis 14 Sorten anhört.

"Pipi de chat"

Nicht zu vergessen sind animalische Geruchsbilder. Doch Katzenpisse, das als französisches "pipi de chat" doch deutlich freundlicher klingt, und Pferdeschweiß sind dabei tatsächlich Begriffe, bei deren Nennung dann Weinkenner wissend ihr Haupt wiegen. Denn genau aus diesem Grund sind Fachsprachen wieder ganz nützlich: Um Sachen dingfest zu machen, so auch die Aromen im Wein. Dass diese Sprache aber manche als reines Altherren-Speak einfach nur nervt und sie nichts damit zu tun haben möchten, ist auch gut nachvollziehbar.

Die absolute Steigerung wäre die reine Zahlenwertung, ganz ohne sprachliche Ergänzung. Doch was sagen 14,7 von 20 oder 87 von 100 kommentarlosen Punkten tatsächlich aus, die dann vielleicht in die nebulose Kategorisierung à la "guter bis sehr guter Wein" fallen.

Neben Farbe und Weinnamen ist gerade einmal nachzuvollziehen, dass Wein X zum Zeitpunkt der Verkostung besser ankam als Y. Weinblogs und Getwittere haben sehr geholfen, Barrieren abzubauen und jüngere Leute über ihre Medien anzulocken. Bei spannenden oder witzigen, jedenfalls nachvollziehbaren Beschreibungen besteht auch noch die Hoffnung, dass diese sich vielleicht auch anregen lassen, zu probieren und tatsächliches Interesse und Freude an Wein zu entwickeln. (Luzia Schrampf, Rondo, DER STANDARD, 7.9.2012)