Braucht absolute Ruhe, um seinen Erschöpfungszustand zu überwinden: Grünen-Politiker Rudi Anschober.

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Linz/Wien - Die Anzeichen von Überarbeitung hat er schon länger erkannt - die Konsequenz daraus zog der oberösterreichische Landesrat Rudi Anschober mit einer Presseaussendung am Donnerstag: "Mein Erschöpfungszustand ist so massiv, dass die einzig zielführende Therapie eine absolute Schonung nötig macht."

Bis zum Jahresende lässt sich der einzige Grünen-Politiker in der oberösterreichischen Landesregierung von einem ÖVP-Regierungsmitglied vertreten - danach will er wieder mit voller Kraft als Umweltlandesrat agieren.

Das sei eine vernünftige Vorgehensweise, erklärt die Psychotherapeutin Rotraud Perner, die sich in ihrem kürzlich erschienenen Buch "Der erschöpfte Mensch" (Residenz-Verlag) dem Phänomen Burnout gewidmet hat.

Im Gespräch mit dem STANDARD erklärt sie: "Burnout ist eigentlich eine gesunde Reaktion auf eine ungesunde Lebenssituation. Man ist noch arbeitswillig und arbeitsfähig - aber man reagiert auf jede Störung, da reicht es, wenn einen jemand anredet oder das Telefon läutet, äußerst aggressiv. Das trifft man bei Politikern häufig an, man sieht dann, wie aggressive Politiker auf aggressive Journalisten treffen, die auch unter enormem Druck stehen."

Wer die Burnout-Symptome nicht ernst nehme und wirklich ausspanne, riskiere, in eine Erschöpfungsdepression zu verfallen: "Auch das sieht man bei Politikern häufig - die sitzen dann völlig apathisch da."

In der Politik wage allerdings kaum jemand, die Überarbeitung zuzugeben und zu entschleunigen, sagt Perner: "Den Einzelnen wird immer mehr aufgeladen. Man würde mehr Mitarbeiter brauchen - aber dem steht entgegen, dass man dauernd Einsparungen verspricht." Darunter leide dann eben der Mensch, der Politik macht - und die Qualität der Politik, die er macht.

Anschober wollte es nicht so weit kommen lassen: 80 bis 100 Stunden hat er in den vergangenen Wochen gearbeitet, nebenbei hielt er mehr als 100 Vorträge zur Vorstellung seines Buches "Das grüne Wirtschaftswunder" (Ueberreuter-Verlag) - auch in China und den USA. Die Vorträge für den Herbst hat er ebenso abgesagt wie seine Regierungstermine.

Der Grünen-Landesrat ist der erste österreichische Politiker, der offiziell Burnout zugibt, es therapieren lässt und dann wieder an seinen Arbeitsplatz zurückkehren will. Allerdings hat es einige Politikerrücktritte gegeben, die mit den psychischen Belastungen des Berufs erklärt wurden - der damalige Infrastrukturminister Michael Schmid (FPÖ) sagte etwa bei seinem Rücktritt im November 2000, seine Batterie sei leer. In Deutschland gab Arbeitsministerin Ursula von der Leyen zu, früher von Burnout betroffen gewesen zu sein. (Conrad Seidl, DER STANDARD, 21.9.2012)