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Die Erkenntnisse von Shinya Yamanaka (li.) und John Gurdon haben unser Verständnis davon revolutioniert, wie sich Zellen und Organismen entwickeln, lobte das Nobel-Komitee.

Foto: REUTERS/Center for iPS Cell Research and Application, Kyoto University (L) and Suzanne Plunkett (R)

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Grafik zu Stammzellen - Herkunft und therapeutische Anwendungen

Grafik: APA

Stockholm/Wien - "Von mir als kommenden Nobelpreisträger zu schreiben, halte ich für unseriös." Das sagte Shinya Yamanaka 2008 in einem Interview mit dem STANDARD in aller unangebrachten Bescheidenheit. Denn bereits unmittelbar nach Erscheinen von zwei Publikationen des japanischen Forschers war klar, dass Yamanaka eine medizinische Revolution gelungen ist.

Im Jahr 2006 gelang dem heute 50-Jährigen das bis dahin kaum Vorstellbare: "alte" ausdifferenzierte Zellen aus dem Hautgewebe von Mäusen in "junge" Stammzellen zurückzuverwandeln, aus denen wieder jede Form von Zelle werden kann. Dazu probierte Yamanaka alle möglichen Kombinationen von bis zu 150 verschiedenen Genen aus, erklärt Meinrad Busslinger, Stammzellexperte vom Institut für Molekulare Pathologie (IMP) in Wien.

Schließlich waren es bloß vier - Oct4, Sox2, Klf4 und Myc - die dafür ausreichten, aus den "erwachsenen" Fibroblasten sogenannte induzierte Pluripotente Stammzellen (iPS) herzustellen, die praktisch ident mit embryonalen Stammzellen sind, aus denen sich dann wieder alle unterschiedlichen Körperzellen entwickeln lassen. 2007 war Yamanaka auch bei der Reprogrammierung von menschlichen Zellen erfolgreich - und ein regelrechter Hype um die neue Technik begann.

Sie versprach einerseits den Ersatz für die umstrittenen embryonalen Stammzellen. Andererseits machte man sich Hoffnungen, bald Erkrankungen spezifischer Zellen wie Alzheimer heilen zu können. Solche revolutionäre Anwendungen lassen aber noch auf sich warten, meint Busslinger. Bis jetzt könne man damit immerhin den genetischen Hintergrund von Krankheiten wie Parkinson im Labor besser untersuchen. Regelrechte Stammzelltherapien, also der Ersatz von kranken durch gesunde Zellen, seien aber noch Zukunftsmusik.

In jenem Jahr, in dem Shinya Yamanaka geboren wurde, hatte der britische Biologe John Gurdon seine größte Entdeckung bereits gemacht und auf andere Weise gezeigt, dass sich die Spezialisierung einer Zelle rückgängig machen lässt. Dazu hatte er aus einer Frosch-Eizelle den Zellkern mit der DNA entfernt und stattdessen den Kern aus einer - bereits spezialisierten - Darmzelle einer Kaulquappe eingesetzt. Aus der Eizelle entwickelte sich eine normale Kaulquappe - ein Klon des Tieres, von dem die Darmzelle stammte. 1996 gelang das mit dem Klonschaf Dolly erstmals bei einem Säugetier. Die Technik dafür hatte John Gurdon aber längst am Frosch erfunden. (tasch, DER STANDARD, 9.10.2012)