"Inhaltliche Diskussionen kommen in der SPÖ leider zu kurz - etwa in der Wehrpflichtsfrage, als die Position von oben herab diktiert wurde", sagt Wolfgang Moitzi.

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STANDARD: Salzburgs Landeshauptfrau Gabi Burgstaller stellt sich oft gegen die Parteilinie. Ist sie die neue rote Rebellin?

Moitzi: Rebellen in der Sozialdemokratie geht es darum, die SPÖ zu ihren Grundwerten zurückzuführen und nicht wie Burgstaller zu ÖVP-Werten. Ihre populären Positionen sind oft mediale Schnellschüsse, die wenig durchdacht sind. Wir stellen am Parteitag viele Anträge, die für Burgstaller und alle anderen, die immer wieder medial gegen den Bund schießen, einen Eignungstest darstellen, ob sie mitstimmen und wirkliche Revoluzzer sind.

STANDARD: Gibt es derzeit überhaupt Rebellen in der SPÖ?

Moitzi: Man wird am Parteitag sehen, dass vor allem die Jungen einen Kurswechsel wollen. Wir kämpfen für die Abschaffung des kleinen Glücksspiels und stellen Anträge zur Demokratisierung der SPÖ sowie für ein neues Grundsatzparteiprogramm.

STANDARD: Ausgerechnet Pensionistenchef Karl Blecha soll das neue Programm umsetzen.

Moitzi: Der Antrag wurde von der SJ gestellt. Darin beziehen wir uns auf die Grundwerte des 78er-Parteiprogramms, an dem Charly Blecha mitgearbeitet hat. Deshalb ist er geeignet. Der Prozess muss aber vorwiegend von Jungen getragen und breit diskutiert werden. Dann kann es nicht mehr möglich sein, dass über Medien ausgerichtet wird, dass die SPÖ die Wehrpflicht abschaffen will.

STANDARD: Wie werden Sie bei der Volksbefragung abstimmen?

Moitzi: Ich bin bei Gabi Burgstaller, dass man nicht plötzlich medial einen Meinungsumschwung kundtun hätte dürfen. Tendenziell steht die SJ eher für eine Beibehaltung der allgemeinen Wehrpflicht.

STANDARD: Darabos will mit der SJ diskutieren. Was sagen Sie ihm?

Moitzi: Dass es einige Probleme gibt. Viele wie General Entacher sagen, dass ein Berufsheer tendenziell teurer kommt. Außerdem soll sich das Heer aus einem Querschnitt der Bevölkerung und nicht Militaristen zusammensetzen.

STANDARD: Durch Burgstaller wurden auch Studiengebühren wieder zum Thema in der SPÖ.

Moitzi: Sie hat recht, dass man am Stipendiensystem etwas ändern muss - doch mit ihrem Vorschlag ist dem nicht geholfen. Als 2001 die Gebühren wieder eingeführt wurden, haben 45.000 Leute ihr Studium abgebrochen. Als sie 2008 abgeschafft wurden, gab es ein Plus von fast 15 Prozent. Studiengebühren sind also eine soziale Hürde. Davon werden wir keinen Millimeter abweichen.

STANDARD: Was sind Ihre Hoffnungen für den Parteitag?

Moitzi: Es ist auf jeden Fall notwendig, Kernfragen zu diskutieren. Inhaltliche Diskussionen kommen in der SPÖ leider zu kurz - etwa in der Wehrpflichtsfrage, als die Position von oben herab diktiert wurde.

STANDARD: Dem Kanzler wird weniger Diktierfreudigkeit als zu wenig Durchsetzung vorgeworfen.

Moitzi: Ich wünsche mir stärkere Ansagen und fixe Koalitionsbedingungen. An einem Parteitag muss man Pflöcke einschlagen, die unverhandelbar sind. Ich denke an Vermögenssteuern oder die gemeinsame Schule. Deshalb sollten Koalitionsverträge auf einem Sonderparteitag unterzeichnet werden. Das könnte dazu führen, dass der Kanzler resoluter auftritt.

STANDARD: Hätte Werner Faymann im U-Ausschuss aussagen sollen?

Moitzi: Die Vorgangsweise war ein Beitrag zur Politikverdrossenheit, weil nun viele glauben, Faymann verberge etwas, obwohl die Anschuldigungen in keinem Verhältnis zu den Vorwürfen unter Schwarz-Blau stehen. Es hätte der SPÖ und dem Parlamentarismus extrem gutgetan, hätte er ausgesagt. (Katharina Mittelstaedt, DER STANDARD, 10.10.2012)