Wien - "Licht und Schatten" bilanziert SPÖ-Bundesgeschäftsführer Günther Kräuter den von ihm organisierten Parteitag am gestrigen Samstag in St. Pölten. Einerseits freute er sich über die "interessante und leidenschaftliche" inhaltliche Diskussion vor allem der jungen Delegierten, andererseits sei das "bescheidene Ergebnis" von Werner Faymann bei der Vorsitzenden-Wahl eine "bittere Pille", meinte Kräuter Sonntagvormittag auf Anfrage der APA.

Als möglichen Grund für die 85 Streichungen, die letztlich zu dem historisch niedrigen Ergebnis von gut 83 Prozent führten, sieht der Bundesgeschäftsführer, dass die Delegierten noch zu wenig mitbekommen hätten, dass Faymann in Europa die Finanztransaktionssteuer zustande gebracht habe: "Das ist noch nicht wirklich angekommen, was das für eine politische Leistung ist."

Dazu kämen die neuen Transparenzregelungen. Die kleinen Funktionäre sähen, dass die "schwarz-blauen Kriminellen und Korrupten" noch immer frei herumliefen, während sie sich selbst sogar bei Tombolas mit strengen Vorschriften abmühen müssten. Kräuter glaubt, dass es hier sogar zu einer Novellierung kommen muss durch die Einführung einer Bagatellgrenze. Entsprechende Signale habe er nämlich von relevanter Seite auch von der ÖVP und den Grünen gehört.

Kräuter glaubt nicht an U-Ausschuss-Groll

Dass die Partei Faymann sein Nicht-Erscheinen vor dem U-Ausschuss in der Inseraten-Affären nicht verziehen hat, glaubt Kräuter hingegen nicht. Mittlerweile schätzten nämlich die Funktionäre das "sehr richtig" ein, dass die Situation des Kanzlers nicht mit Deutschland vergleichbar sei. Denn dort würde Regierungschefin Angela Merkel auch nie einen Untersuchungsausschuss betreten, wo jemand drin sitze, der angezeigt habe und sich dann als Richter aufspiele, meinte Kräuter mit Blick auf FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky, der die Ermittlungen der Justiz in der Inseraten-Affäre ins Rollen gebracht hatte und in der Schlussphase des U-Ausschuss FP-Fraktionsführer war.

Ebenfalls unwahrscheinlich erscheint dem Bundesgeschäftsführer, dass der rasche Schwenk von Wehrpflicht zu Berufsheer ein Faktor für Faymanns Abschneiden war. Immerhin gesteht er zu, dass in der Partei immer gleich helle Aufregung entstanden sei, wenn ein SPÖ-Mitglied eine andere Position als die Parteispitze eingenommen habe. Hier sei noch zu wenig verinnerlicht, dass eine Volksbefragung kein Ersatz für einen Wahlkampf sei sondern dass es da nur um die Sache gehe.

Auffällig am gestrigen Parteitag war die Länge. Insgesamt elf Stunden nahmen die Grundsatzreferate, Programmdiskussionen und Wahlen in Anspruch - am Ende vor nur noch eher schütter besetzten Reihen. Als Konsequenz wird der nächste ordentliche Parteitag 2014 sicher über zwei Tage geführt, kündigte Kräuter an. Das sei alleine schon daher notwendig, dass dann auch das neue Parteiprogramm und das neue Statut diskutiert und beschlossen würden.

FPÖ fordert Faymanns Rücktritt

ÖVP-Generalsekretär Hannes Rauch bewertete das schlechte Ergebnis Faymanns in einer Aussendung - wohl nicht ganz ernst gemeint - derart, dass offenbar auch die SPÖ-Basis überzeugt sei, "dass Eigentumssteuern a la SPÖ" ungerecht seien. FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky legte Faymann den Rücktritt nahe, Grünen-Bundesgeschäftsführer Stefan Wallner riet dem Kanzler in Anspielung auf die Inseraten-Affäre, "schleunigst von der Seite der Vertuscher auf die Seite der Aufklärer" zu wechseln. BZÖ-Bündniskoordinator Markus Fauland schließlich sah ein "Debakel der Sonderklasse". (APA, 14.10.2012)