Kaninchen im Schüttelbrotmantel grüßt aus der Küche der Löwengrube in Bozen.

Drei Gänge mit Weinbegleitung, Kaffee: 90,60 Euro.

Foto: Harald Fidler

Kalbskopfpraline mit Apfelschaum, sehr großzügig portioniert

Foto: Harald Fidler

Bries, Trüffel, Püree: kein Leichtgericht, aber eine Freude.

Foto: Harald Fidler

Der Hirsch. Sehr, sehr gut, aber kaum zu erlegen. Der Steinpilzknödel kein Muss, fand ich.

Foto: Harald Fidler

So, liebe Userinnen und User: Affilakresse? Erbsensprossen? Beides? Keines davon? Sachdienliche Hinweise werden immer gerne genommen.

Foto: Harald Fidler

Gab's in Bozen gerade Erbsensprossen im Angebot? Oder Afilakresse? Oder beides? Oder eh dasselbe, wie Profiesser Martin Wurzer-Berger (journal culinaire) nach meiner Erinnerung meinte? Jedenfalls verfolgte mich das ohnehin sympathische Grünzeug durch Bozen, vom Restaurant des Hotel Laurin bis in die Löwengrube, dem vor nicht allzu langer Zeit wieder neu und optisch wie kulinarisch sehr ambitioniert eröffneten Weinrestaurant in einem jahrhundertealten Bozner Traditionswirtshaus. Ich kann berichten: Die Sprossen waren dort definitiv das Leichteste.

Nicht oft las man bei Schmeck's, dass der Fidler nicht mehr konnte. Die Löwengrube hat es geschafft. Gut, ich hätte natürlich nicht drei Gänge bestellen müssen, aber selbst in Südtirol ist man ja in Italien, und da gehört das doch nach meinem Verständnis zur Grundausstattung.

Die Küche grüßt mit Kaninchen im Schüttelbrotmantel mit den optisch so gern genommenen, geschmacklich aber meist eher verzichtbaren lila Trüffelkartoffeln. Kaninchen gut, Schüttelbrotmantel hätt ich nicht erkannt, hätte ihn mir der wirklich sehr, sehr nette Ober so vorgestellt.

Der Ober war übrigens ganz begeistert von meinem Essen. Nein, ich habe keine Spuren heimlichen Naschens feststellen können. Aber: "Das Gericht ist ein Hit", strahlt er, als ich Gang zwei bestelle: geschwenktes Kalbsbries mit frischem Trüffel, mit Erdäpfelschaum, das sich eher als milchig-schaumiges Püree einordnen würde, Kräuterbrösel und Kalbsjus. Mir gefiel der Gang gut. Ob ich ihn gleich als Hit einordnen würde - nun, da finde ich auch in der populären Musik nicht immer Gleichklang mit anderen Hörern. Dieser Hit jedenfalls füllte großzügig einen Suppenteller - da hätte der Herr Ober ruhig mitessen können.

Obi geschäumt

In der Löwengrube meint man es insgesamt recht gut mit dem Gast. Ordert der Kalbskopfpraline im Kräutermantel auf Kartoffelsalat, rollen zwei ansehnliche Bälle heran, die schon mehr als gut sättigen. Die Pralinen rosa und intensiv, sehr schön, der Erdäpfelsalat eher belanglos, der Apfelschaum vor den Kalbsköpfen wirft offenbar auch in Bozener Bobostuben beliebte Blasen der Modernität. Stört aber auch nicht weiter, im Gegenteil, mir stand diese Interpretation von Obi gespritzt nicht schlecht zum Kalbsgesicht.

Nach Praline und Bries erwog ich eine Lammschulter und landete dann doch erwartungsgemäß beim Hirschfilet in der Honig-Nusskruste mit Kohlsprossen, geschmortem Weinkraut, Steinpilzknödel und Preiselbeer-Hirschjus. Der Hirsch war eindeutig mein Hit, rosa, zart, wunderbar - und gewaltig portioniert. Die Steinpilzknödel rissen mich nicht von der schicken Täfelholzeinbaubank, sie störten aber auch nicht weiter.

Zum Hirschen schenkte mir der um mein Wohl sehr bemühte Ober ein Glas Bolgheri Superiore Guado al Tasso 2008 ein. Er hatte mich sogar vorgewarnt, dass er dafür pro Glas 13 Euro verlangen müsse. Ich nickte. Sechs Jahre Schmeck's brühen halt doch ab - wenn ich mich da an meine Aufregung über den "Hauswein" in Irdning erinnere. Nein, das ist kein Ausweis meines  Fortschritts, ich weiß. Eher monetärer Abklärung in Genussdingen. Ob er die 13 Euro wert war, vermag ich nicht objektiv zu sagen. Mir an dem Abend mit diesem Hirschen eindeutig: ja. Auch wenn ich in der Preisklasse und deutlich darunter üblicherweise ganze Flaschen einzukaufen pflege - aber halt ohne Restaurant rundherum, versteht sich.