Wien - Sie sind im selben Jahr geboren: Gustav Klimt und Claude Debussy (und auch im selben Jahr, 1918, gestorben). Während Klimts 150. Geburtstag allerorts gedacht wird, bleibt Debussys Jubiläumsjahr hierzulande weitgehend unbeachtet. Dabei hat der Meister des Impressionismus Generationen von Musikern beeinflusst.

Mit einer seiner Hauptkompositionen, L'Après-midi d'un faune hat Debussy auch Ballettgeschichte geschrieben, als Vaslav Nijinsky 1912 mit seiner choreografischen Umsetzung Paris einen der größten Theaterskandale bescherte. Bis heute ziehen Choreografen Debussys musikalische Werke für Tanzkreationen heran, auch wenn seine anderen Ballette weitgehend vergessen sind.

Das Tanzatelier Wien zelebriert nun den großen, französischen Komponisten in einer "raumgreifenden Installation" und kinetischen Klangbildern. Die musikalische Grundlage ist das zweite Buch der 12 Préludes pour piano. Eine gute Wahl, sind doch auch in dieser Sammlung alle Klangwelten, die sich in Debussys Kompositionen vereinen, enthalten. Der Rebell der Klassik experimentierte mit Musikformen wie der Pentatonik asiatischer Musik oder mit spanischen Tanzrhythmen ebenso wie mit der Salonmusik seiner Zeit. Solch unterschiedliche Einflüsse führten zu einem reichen Klangspektrum, die die weitere Musikentwicklung zwischen Romantik und Moderne vorwegnimmt. Die Pianistin Cecilia Li interpretiert die vielschichtigen Kompositionen mit ausdrucksstarkem Verständnis. Vom Band kommen zwei Einspielungen der Gymnopédie von Satie, die Debussy orchestriert hat.

Im Studio des Tanzatelier Wien stehen die dreidimensionalen Kräftesysteme des Ingenieurs und Kinetikers Walter Kaitna im Mittelpunkt. Um eine große und eine Miniaturskulptur drehen sich die performativen Aktionen der beiden Tänzer Sebastian Prantl und Araujo Guerra. Ihre Interventionen könnten Anspielungen an den Mann und Künstler Claude Debussy sein, an seine komplizierten Frauenbeziehungen, seine einsame künstlerische Position, seine Begeisterung für asiatische Kunst, seine Sammelleidenschaft oder seine gesellschaftskritische Haltung.

Eine inspirierte Hommage an einen Impressionisten, der ebenfalls durch Abstraktion die Welt nicht naturgetreu abbilden wollte, sondern mit Musik ihren Geheimnissen nachspürte. (Edith Wolf Perez, DER STANDARD, 17.10.2012)