Überdurchschnittlich wenige Männer gehen in Österreich in Väterkarenz.

Foto: Lukas Beck/Quintessenz Organisationsberatung GmbH

Wien - Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) bemüht sich wieder, Männer für die Kinderbetreuung zu begeistern. Geht es nach der Ministerin, soll bis 2015 ein Fünftel der Väter in Karenz gehen. Aktuell sind im Durchschnitt quer durch alle Kindergeld-Varianten knapp fünf Prozent der Bezieher männlich. Erreichen will Heinisch-Hosek diese Steigerung durch das Fortsetzen der 2010 gelaufenen Informationskampagne "Echte Männer gehen in Karenz", wie sie am Montag bei einer Pressekonferenz sagte.

Skandinavien an der Spitze

Österreich ist im internationalen Vergleich laut der Ministerin bei der Väterquote in der Karenz immer noch im unteren Durchschnitt. Am häufigsten werden hierzulande die Kurzvarianten von zwei bis vier Monaten in Anspruch genommen (elf Prozent bei einjähriger Pauschale, neun Prozent bei einkommensabhängiger Variante). Eine Spitzenposition nimmt wie so oft Skandinavien ein, wo 89 Prozent der Väter eine berufliche Auszeit für die Kinderbetreuung nehmen. Aber auch in Deutschland geht mittlerweile ein Viertel (26 Prozent) der Väter in Karenz.

"Auch die Wirtschaft profitiert"

"Traut euch, liebe Väter, geht in Karenz", appellierte die Ministerin daher. Sie sei der "tiefen Überzeugung", dass alle - Männer, Frauen und Kinder - etwas davon hätten. "Auch die Wirtschaft profitiert", sagte Heinisch-Hosek, die aber noch viel Skepsis bei den Unternehmen ortet, vor allem bei Klein- und Mittelbetrieben. Einmal mehr forderte sie einen Papamonat auch in der Privatwirtschaft.

Nach der ersten "Echte Männer gehen in Karenz"-Kampagne im Jahr 2010 sei die Zahl der männlichen Kindergeldbezieher gestiegen, mittlerweile habe es aber wieder einen kleinen Einbruch gegeben. Mit der Fortsetzung der Kampagne und einer Informationsoffensive gemeinsam mit der Arbeiterkammer im kommenden Jahr will Heinisch-Hosek den Trend nun wieder umkehren. "Karenz-Mentoren" sollen Interessierten außerdem über eine eigens eingerichtete Website Rede und Antwort stehen.

Grüne Kritik

Den Grünen geht das zu wenig weit: "Ich begrüße jede Maßnahme, die dazu beitragen kann, die Väterbeteiligung zu erhöhen", sagte die grüne Familiensprecherin Daniela Musiol. Erfahrungsgemäß reiche es aber nicht, "bloß eine nette Homepage einzurichten - sonst wären es nicht weniger als fünf Prozent der Männer, die in Karenz gehen".

Seit 1. Jänner 2011 haben öffentlich Bedienstete die Möglichkeit, einen Papamonat in Anspruch zu nehmen. Der Papamonat dauert maximal vier Wochen, ist unbezahlt und muss während des Mutterschutzes (also innerhalb der ersten zwei Monate nach der Geburt) bezogen werden. "Davon haben lediglich ein wenig mehr als 300 Väter Gebrauch gemacht, bei vielen Unternehmen und Kollektivverträgen ist das noch gar nicht möglich", so Musiol. Die Grünen setzten sich seit längerem für einen bezahlten Papamonat auch in der Privatwirtschaft ein.

"Dieses Modell wäre auch in der Privatwirtschaft kostenneutral und die Finanzierung sichergestellt, denn man könnte einfach einen Monat des Kindergeldbezugs nach vorne ziehen und so ermöglichen, dass der Vater einen bezahlten Papamonat parallel zum Mutterschutz in Anspruch nimmt", sagt Musiol.

Mitterlehner widerspricht Zahlen

Familienminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) widerspricht den Zahlen aus dem Frauenministerium, wonach ledigleich fünf Prozent der Männer in Karenz gehen: Laufenden Auswertungen der Gebietskrankenkassen zufolge liege der Anteil der männlichen Kindergeld-Bezieher schon jetzt durchschnittlich bei 17 Prozent, so das Ministerium am Montag in einer Aussendung.

Die Beteiligung an den verschiedenen Kindergeld-Varianten betrage zwischen 12 (Langzeitvariante) und 31 Prozent (bei 12+2 sowie bei 15+3 Monaten). Das formulierte Ziel von einem Fünftel Väter in Karenz würde somit schon jetzt großteils übertroffen. Ursache für die Diskrepanz zwischen den Zahlen sei, dass das Frauenministerium eine Monatsstatistik verwende, die eine "wenig aussagekräftige Momentaufnahme" darstelle, das Familienministerium hingegen jeden einzelnen abgeschlossenen Kinderbetreuungsgeld-Fall untersuche, wurde erklärt. (APA/red, derStandard.at, 12.11.2012)