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Einig bei der neuen Lehrer-Ausbildung: Wissenschaftsminister Töchterle und Unterrichtsministerin Schmied.

Foto: APA/Schlager

Wien - Zwischen 2012 und 2025 geht mehr als die Hälfte der rund 100.000 Lehrer in Pension, pro Jahr werden 3.000 bis 4.500 Junglehrer benötigt. Gleichzeitig soll mit der Reform der Lehrerausbildung mit dem System Bachelor/Induktionsphase/berufsbegleitendes Masterstudium die Ausbildungsdauer steigen. "Wir müssen daher bei allen Umstellungen den Lehrerbedarf berücksichtigen", betonte Unterrichtsministerin Claudia Schmied (SPÖ) am Dienstag bei einer Pressekonferenz. Um Engpässe zu vermeiden, will sie u.a. stark auf die Förderung von Quereinsteigern setzen.

Vierjähriger Bachelor

"Wenn alles gut geht" soll die Reform im ersten Quartal 2013 im Nationalrat beschlossen werden und "eine neue Ära" einläuten, so die Ministerin. Künftig müssen alle Lehrer ein vierjähriges Bachelorstudium und eine ein- bis zweijährige Induktionsphase mit Einführung in die Praxis durch erfahrene Kollegen sowie als Voraussetzung für eine Fixanstellung ein Masterstudium abschließen.

Die Pläne der Regierung sehen vor, dass künftig Lehrer nicht mehr für Schultypen, sondern für die zu unterrichtenden Altersgruppen ausgebildet werden. Lehrer für Hauptschulen bzw. künftig Neue Mittelschulen und AHS sollen also dieselbe Ausbildung erhalten. Er hoffe, dass mit diesem Schritt "auch manche eng geführte Strukturdebatte" in den Hintergrund trete, so Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle (ÖVP) in Anspielung auf den Regierungsstreit Gesamtschule versus differenziertes Schulsystem.

"Runterschauen soll aufhören"

Die Aufteilung der Lehrer in unterschiedliche Institutionen soll mit der Reform ebenfalls aufgebrochen werden: "Das Runterschauen auf den anderen muss aufhören", so Schmied. Derzeit sind die Unis für die (Magister-)Ausbildung von Lehrern an AHS und berufsbildenden höheren Schulen zuständig, die PH hingegen für die Lehrer für Volks-, Haupt-, Sonder-, Berufs- und Polytechnische Schulen, die "nur" mit einem Bachelor abschließen.

Die Institutionen sollen sich auf ihre jeweiligen Stärken konzentrieren, forderte Schmied. In der Praxis heißt das, dass sich die PH weiter um die Volksschullehrer und die Unis um die Ausbildung der BHS-Lehrer in allgemeinbildenden Fächern kümmern sollen. In der Sekundarstufe I (Hauptschule, Neue Mittelschule, AHS) sollen indes Doppelgleisigkeiten durch Kooperationen abgebaut werden. Sprich: Die allgemeinbildenden Fächer werden, wo es eine Uni gibt, an der Uni unterrichtet und die PH ist für den Praxisbezug zuständig. Schmied spricht von einem "Best of", für Töchterle ist es "ein Qualitätssprung, dass Fachlehrer künftig immer in Hinblick auf die Fachwissenschaften ausgebildet werden".

Töchterle für Zertifizierungsrat

Die Suche nach einem Partner soll dabei Unis und PH überlassen werden, betonte der Minister. Der Staat kümmere sich nur noch um die Qualitätssicherung. Den vor allem unter den Unis umstrittenen Zertifizierungsrat, der künftig überprüfen soll, ob die Anforderungen des Dienstgebers für künftige Lehrer im Studienplan erfüllt sind, verteidigt Töchterle. "Das ist eine vollkommen plausible und moderne Form der Qualitätssicherung."

Mehrstufige "Eignungs- und Neigungsverfahren"

Und auch bei den Lehramtsinteressenten will die Regierung künftig stärker kontrollieren: Einheitliche, mehrstufige "Eignungs- und Neigungsverfahren" sollen sicherstellen, dass nur jene ein Lehramtsstudium beginnen dürfen, die auch die geeignete Persönlichkeit mitbringen, so Schmied. Damit sollen nach den PH auch die Unis ihre Bewerber selektieren dürfen, sobald sie beginnend mit 2014 in das neue Ausbildungsmodell umsteigen. Platzbeschränkungen soll es indes nicht geben, betonte die Ministerin. 

Kritik

Kritisch sieht die neue Agentur für Qualitätssicherung und Akkreditierung Austria (AQ Austria) den geplanten Zertifizierungsrat. "Wir sind nicht zufrieden damit, dass jetzt eine Parallelstruktur aufgezogen werden soll", betonte Präsidentin Anke Hanft bei einer Pressekonferenz am Dienstag. Die AQ Austria ist für die Qualitätssicherung und Akkreditierung von Unis, Fachhochschulen und Privatunis zuständig - die PH sind allerdings ausgenommen. 

Als "längst überfällig" hat die Industriellenvereinigung (IV) die Reform der Lehrerausbildung bezeichnet und auf eine rasche gesetzliche Umsetzung gedrängt. Die angekündigten Aufnahmeverfahren für alle Lehramtsinteressenten werden von der IV begrüßt. "Völlig unverständlich" sei allerdings, dass Elementarpädagogen von der neuen Ausbildung ausgenommen sind, so die IV in einer Aussendung.

Verpflichtender Master für alle

Auch die Österreichischen HochschülerInnenschaft (ÖH) bemängelt, dass eine tertiäre Ausbildung für Kindergartenpädagogen nicht Pflicht sein soll. Außerdem pochen die Studentenvertreter auf einen verpflichtenden Master für alle, und zwar vor dem Berufseinstieg. Die geplanten Eignungsverfahren lehnt die ÖH als "Knock-Out-Prüfungen" ab, die nichts über die "Eignung" für einen pädagogischen Beruf aussagen könnten.

Die Uni-Rektoren ihrerseits befürchten weiterhin Eingriffe in ihre Autonomie durch den Zertifizierungsrat, der künftig u.a. die Studienpläne bei den Lehramtsstudien absegnen soll. "Im Raum steht nach wie vor der Verdacht, dass sich die Politik ein Durchgriffsrecht im Wege des von den Bundesministerien beschickten Gremiums sichern möchte", so der Chef der Universitätenkonferenz (uniko), Heinrich Schmidinger. "Die uniko erläutert BM Schmied gerne die Vorteile von Autonomie an Hochschulen", so die Rektoren in einer Aussendung. Allerdings habe sich schon bei der Unterredung in der jüngsten Plenarversammlung der uniko gezeigt, dass Schmied Vorbehalte gegenüber der Uni-Autonomie habe. (APA, 20.11.2012)