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Andrea Kuntzl verteidigt die Reduktion von Plätzen im Architektur-Studium durch die Studienplatzfinanzierung. Für abgewiesene Interessierte "klappt es ja vielleicht ein Jahr später".

Foto: APA/Hochmuth

UNISTANDARD:Warum ist es der SPÖ so ein großes Anliegen, dass das Uni-Studium weitgehend gebührenfrei bleibt, zumal doch viele andere Bildungswege etwas kosten?

Kuntzl: Uns ist wichtig, das gesamte österreichische Bildungssystem so umzugestalten, dass es offen und chancengerecht ist. Da gibt es noch viele Baustellen. Auch bei der höheren Bildung wollen wir keine sozialen Hürden. Daher sprechen wir uns gegen Studiengebühren aus. Als sie unter Blau-Schwarz eingeführt wurden, hat es einen starken Rückgang an Studierenden gegeben, nicht wegen Karteileichen, sondern - was besonders dramatisch ist - auch bei den Anfängern um minus 15 Prozent. Das ist der traurige Beweis dafür, dass Gebühren zu einem Rückgang führen.

UNISTANDARD:Letzte Woche wurde die Einigung über die Studienplatzfinanzierung präsentiert. Eine Absicht ist die "Lenkung" der Studierenden. Sollten die jungen Menschen nicht besser als die Politik wissen, was sie studieren wollen?

Kuntzl: Für uns ist wichtig, die Studienplatzfinanzierung als Instrument für eine fairere und transparentere Finanzierung zu sehen, aber nicht als Instrument zur Reduktion von Studierenden. Der Bericht, den das Wissenschaftsministerium mit den Rektoren gemacht hat, hatte eine dramatische Reduktion an Studierenden als Ziel. Doch wir haben in Österreich im Vergleich zu anderen OECD-Ländern nicht nur weniger Akademiker, sondern auch weniger Anfänger. Es wäre eine völlig verfehlte Politik, Maßnahmen zu setzen, die zu solch einer Reduktion von Studierenden führen.

UNISTANDARD:Durch die neue Finanzierung wird es aber in der Architektur weniger Plätze geben.

Kuntzl: Es gibt Reduktion, aber in geringem Ausmaß. In anderen Studien bauen wir sogar aus.

UNISTANDARD:Es wird also Anfänger geben, die nicht mehr studieren können, was sie studieren wollen.

Kuntzl: Vielleicht klappt es ein Jahr später. Oder sie wollen vielleicht ein anderes Studium beginnen.

UNISTANDARD:Bei der Architektur wurde der politische Konsens gefunden, dass es zu viele Absolventen gibt. Bei der Prognose des Arbeitsmarkts ist die Politik aber zuletzt bei den Lehrern grandios gescheitert. Welche Quellen und Daten wollen Sie zurate ziehen, um das in Zukunft zu verhindern?

Kuntzl: Das ist völlig richtig und eine schwierige Frage. Deshalb versteht die SPÖ unter Bedarf an Plätzen vor allem die Nachfrage seitens der Studierenden und nie ausschließlich den Bedarf am Arbeitsmarkt. Um das entscheiden zu können, braucht man entsprechende Grundlagen. Die hätte ich mir vom Hochschulplan erwartet, doch das hat er bis jetzt nicht erfüllt. Ich hoffe, dass an derartigen Entscheidungsgrundlagen für die nächste Phase der Studienplatzfinanzierung gearbeitet wird, um diese weitreichenden Entscheidungen möglichst faktenbasiert und verantwortungsvoll treffen zu können.

UNISTANDARD:Es ist eines der erklärten Ziele von Minister Karlheinz Töchterle, die Zahl der prüfungsinaktiven Studierenden zu senken. Was halten Sie davon?

Kuntzl: Leute, die neben dem Studium arbeiten müssen, halte ich für ganz besonders unterstützungswürdig. Es ist eine Aufgabe der nächsten Jahre, mehr Luft ins Studentenleben zu bringen und das Studium so zu gestalten, dass es wieder mehr wird, als nur am Laufband Prüfungen zu absolvieren und wieder eine wichtige, horizonterweiternde Lebensphase.

UNISTANDARD:Die Sozialdemokratie ist in Österreich immer für den freien Hochschulzugang eingetreten. Jetzt gibt es teils Zugangsbeschränkungen, eine verpflichtende Eingangsphase, für manche Gebühren. Wie frei ist die Uni noch?

Kuntzl: Ich darf daran erinnern, dass wir seit vielen Jahren keine SPÖ-Absolute mehr haben. Weiters schlagen wir uns mit den Auswirkungen einer blau-schwarzen Regierung herum, in der sehr viel unternommen wurde, um den freien Zugang zu untergraben.

UNISTANDARD:Seit 2000 hat die SPÖ keinen Wissenschaftsminister gestellt - besteht kein prioritäres Interesse an dem Ressort?

Kuntzl: Ich würde ein großes Bildungsministerium befürworten und eine Bildungsministerin / einen Bildungsminister aus den Reihen der Sozialdemokratie, um konsequent an einem gerechten Bildungssystem zu arbeiten - vom Kindergarten bis zur Hochschule. (Tanja Traxler, UNISTANDARD, 22.11.2012)