Das neue Figlmüller-Loakl heißt Joma, versteht sich als Café-Brasserie nach New Yorker Vorbild. Es gibt zwar Backhuhn - aber keine Schnitzel.

Foto: Gerhard Wasserbauer

International übliches Programm zwischen Porridge und Eggs Florentine zum Frühstück.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Wer mittags durch die Bäckerstraße wandert, muss den Brüdern Hans und Thomas Figlmüller Hochachtung zollen: Sie verstehen, mit ihrem Erbe zu wuchern.

Stundenlang stehen Touristen Schlange, um ein Plätzchen in einem der Figlmüllers zu ergattern, wo sie ordern dürfen, was unbedarfte Reiseführer ihnen als "real schnitzel" an den Gaumen legen: bis zur Staubigkeit trocken geklopfte Brösellappen, groß wie Frisbees, die der Farbe nach an Wiener Schnitzel erinnern: "How wonderful, I wouldn't be able to eat this in a week!" Dass man als Wiener ähnlich denkt, zumindest was den zweiten Teil des Ausrufs betrifft - geschenkt. Die Marie rennt, und zwar auf eine Art, dass sich die Brüder mit der Buddha Bar am Lugeck sowie dem Limes am Hohen Markt jetzt zwei Topimmobilien einverleiben konnten.

Die Buddha Bar wird wohl zum Bierlokal, den Keller bekommen die diesbezüglich versierten Bettelalm-Macher zwecks Installierung eines "Abschleppdienstes" untervermietet. Am Hohen Markt hingegen wurde Wiens wohl profiliertester Wirtshaus-Architekt Gregor Eichinger beauftragt, eine Art Brasserie "nach New Yorker Vorbild" zu planen, in der man sich irgendwie urban und als international versierter Konsument fühlen darf.

Insofern wirkt das frisch eröffnete "Joma" wie ein Lokal, in dem die Figlmüllers zur Abwechslung auch selber essen wollen würden. Es gibt einen Barbereich aus schwarzem Marmor, französische Fliesen und Eichendielen, es gibt qualitätvolle Details wie Linoleum auf den Tischen und Separee-Vorhänge für die Fensternischen - dennoch wirkt es im Vergleich zu anderen Eichinger-Lokalen allzu glatt, geradezu hotelmäßig.

Voll international, heh

Die Speisen wollen in der Hauptsache keinem weh tun und international übliches Programm zwischen Porridge und Eggs Florentine (im Bild) zum Frühstück, Burger bis Salat mit Ziegenkäse und Birnen tagsüber und Steak sowie Backhendl am Abend bieten, wobei letzteres, "amerikanisch", im mit Zeitungspapier ausgelegten Körbchen seviert wird. Voll international, heh.

Der klebrig süße Salat misslingt leider - auch, weil das Dressing ohne Vorwarnung als Currysauce interpretiert wird. Dafür wird Beef Tartare, wenngleich doppelt und dreifach zum Fleischbrei faschiert statt gehackt, nicht nach landläufiger Art als Pusztaaufstrich hergewürzt, sondern klassisch und gut mit Senf, Kapern, Cornichons und etwas Walnussöl angemacht. Die Pommes dazu schmecken auf eigentümliche Art nach Bratlfett - amüsant, aber auch verdächtig.

"Fischsuppe und Meer" kommt mit Käsecroutons und Rouille zu Tisch, weist aber hauptsächlich verkochtes Gemüse und ein paar Weißfisch-Schnipsel auf - endlos weit von dem entfernt, was in Frankreich als passierte Herrlichkeit aus Felsenfischen serviert wird. Dafür gelingen die reichhaltig belegten, von unten knusprigen und von oben saftigen Knusperbrote namens Feuerfleck sehr gut - ideal, um zu einem Glas Wein oder Bier geknabbert zu werden.  (Severin Corti, RONDO, DER STANDARD, 21.12.2012)