Simpel und gut: So geht's los im Diverso in 1040 Wien.

Foto: Harald Fidler

Sardine, jedenfalls nach meiner Erinnung (und jener vom Herrn Ober). Dem Profi zu sauer, mir sehr recht.

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Taschenkrebs, ein Highlight.

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Und erst die fast rohe Jakobsmuschel...

Foto: Harald Fidler

... mit Zertifikat.

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Jau! Fischstäbchen, aber richtig.

Foto: Harald Fidler

El Sud kam später: Noch einmal der Kabeljau mit den Garnelenpralinen - bevor er im Schalentiersud planschte.

Foto: Harald Fidler

Wie der Profi zu Werke geht, ist schon spannend zu beobachten, auch wenn der Profi sich gerade vorerst selbst außer Dienst gestellt hat. Da kommt der Alexander Mayer gleich ins Duzen, vielleicht hat er den Profi ja auch schon ab und an nach Dienstschluss bei Umar am Naschmarkt getroffen.

Darf's ein bisserl mehr sein?

Und wo man so auf Du und Du ist, bestellt man ein Fischmenü in drei Gängen, es kommen jedenfalls vier oder waren's fünf?, gefolgt von der Frage, ob man nicht doch noch einen Fleischgang probieren möchte (der sicher wieder aus zweien bestünde). Und die Rechnung - mich lud der Profi ein - schien mir, aus dem Augenwinkel, auch sehr entgegenkommend gestaltet.

Gut, hab ich auch schon erlebt, dass man mich erst nicht zahlen lassen wollte, weil ein Profi ausnahmsweise für mich reserviert hatte, und dann für eine Handvoll Gänge und Gläser beim City-Inder 40 Euro verrechnete ("Ich hab das jetzt so gemacht" - das freut das Personal, ich gleiche schätzend mit Trinkgeld aus.) Oder dass die Küche, wenn ich beginne, meine Teller zu fotografieren, plötzlich zwischen meinen bestellten Gängen eine kleine bis große Innerei schummelt - gut, damit kann ich schon leben ab und an. Liebe Wirte: Sehr nett alles, aber ich komm eigentlich nicht für Ihre Goodies.

Freispiel

Hätten wir das also auch besprochen. Zurück ins Diverso, wo Alexander Mayer dem befreundeten Besitzer jedenfalls bis September zeigen will, was man mit dem (außen nicht sehr einladenden, innen aber sehr angenehmen) Italiener so machen kann, wenn man einen Könner ranlässt. Und das ist nicht wenig.

Das Prinzip: Carte Blanche für Mayer, nach groben Ausschlusskriterien und Wünschen des Gastes. In der Karte stehen drei Gänge für 48 Euro, vier für 58, fünf für 68 - weiter nach oben vermutlich Verhandlungssache. Wobei die Portionsgrößen nach oben hoffentlich ein bisschen abnehmen - ich bin kein schwacher Esser, musste den Fleischgang aber schon aus Kapazitätsgründen verweigern. Puh!

Ein Profi wird kurz sauer

Ein bisschen Schinken, ein bisschen gesalzene Butter. Nach meiner Erinnerung grüßte eine Sardine aus der Küche, gerollt, auf einer Art Tsatsiki, Apfel und nochmal Gurke. Kochtopflüsterer (unten) wendet ein: Russe, also Rollmops, also wohl Hering. Ich hab nochmal angerufen: Sardine, sagt Herr Ober.

"Zu sauer", findet jedenfalls der Profi gegenüber. Kommt ganz gut mit meinem gespritzten naturtrüben Apfel, finde ich. Aber auf den war der Gruß wohl nicht abgestimmt. A propos: Der Profi nickt die Weinkarte anerkennend durch, ich konzentrier mich lieber auf meine selbstdefinierte Fastenzeit. Die keineswegs aufs Essen durchschlägt.

Aber immerhin, Themenabend Fisch. Der Sardine folgt Taschenkrebs, gezupft etwa, eine wunderbare Erinnerung an die eine oder andere Seespinne, die mein Leben schon bereichert hat. Yeah. Den Bulgur (erinnere ich mich da richtig?) dazu hätt ich nicht unbedingt gebraucht. Die Bisque hingegen sehr, intensiv, mollig, aber eben nicht so schalentierisch, dass der ganze Abend nach Krebs schmeckt. Auf der Basis können wir weiterarbeiten! Vielleicht nach einem kurzen Moment der Besinnung, dass ich ja eigentlich gegen Städte- und Fernreisen von Meerestieren nach Wien bin. Zu spät.

Jakobsmuschel, handgepflückt

Jakobsmuschel würde ich auch nicht bestellen, aber darauf warten sie und der Mayer halt auch nicht. Und: gut so. Sehr gut. Die Muschel fast roh, ungemein knackig, und, darauf legt Mayer Wert und ein Attest bei: Von Tauchern per Hand von norwegischen Felsen geholt. Es gibt gemütlichere Berufe, scheint mir. 

Gang drei, ohne Vorspiele, führt die gespaltene Identität des - übrigens überraschend wunderwunderbaren - Kabeljau vor Augen und Mund: Paniert, mit Remoulade, Rüben, ausgelagerter Erbse, Saiblingsrogen. Da überdenkt der Fidler ganz ernsthaft seine über Jahrzehnte bewährte Abneigung gegen Panier, jedenfalls jene von Lebensmitteln.

El Sud

Jedenfalls genauso schön die (wieder eher gewaltige) Schnitte vom Kabeljau danach, die Pralinen von der (nach meiner Erinnerung) rohen Wildgarnele dazu eine reine Freude, den Klebreis hätt ich nicht so gebraucht. Und, leider, der "Paella"-Sud (möglicherweise auch falsch notiert, sorry dann!) mir einfach um zwei Eckhäuser zu intensiv. Ich schreibe intensiv, weil er mir sehr salzig vorkam - aber das passiert mir Salzskeptiker bald einmal.
Aber man muss ja nicht jede Suppe auch auslöffeln.

Mayer sagt, er kocht nach den gerade besten verfügbaren Zutaten. Foie Gras hätte er auch noch im Programm gehabt. Gut, dass der Profi gleich abwinkte - ich war schon wieder kurz davor, meine selbst auferlegte Bestellsperre zu vergessen. Schon zum Ausgleich für meine fastenbedingt unausgelastete Fettleber womöglich.